VG Dresden

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Zitieren als:
VG Dresden, Urteil vom 23.07.2007 - A 1 K 30059/06 - asyl.net: M11261
https://www.asyl.net/rsdb/M11261
Leitsatz:
Schlagwörter: Libanon, Abschiebungshindernis, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, Krankheit, Epilepsie, allgemeine Gefahr, Finanzierbarkeit, Existenzminimum
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7
Auszüge:

Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der (letzten) mündlichen Verhandlung wegen seiner (lebensbedrohlichen) Erkrankung an Epilepsie einen Anspruch auf die Feststellung, dass in seiner Person die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich seines Herkunftsstaates Libanon vorliegen (§ 77 Abs. 1 AsylVfG, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Nach diesen Grundsätzen kann im Fall des Klägers angesichts des (eher) singulären Charakters seiner Erkrankung – ca. 5% der Menschen auf der Erde erleiden einmal in ihrem Leben einen epileptischen Anfall: Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 258. Auflage, S. 445 – deren zielstaatsbezogene Verschlimmerung nicht als allgemeine Gefahr qualifiziert werden kann, die (etwa) der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG unterliegt und nur im Falle einer extremen Zuspitzung zu einer Feststellung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG durch das Bundesamt führt, sondern sie ist nach dem Maßstab der "erheblichen konkreten Gefahr" in unmittelbarer Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu beurteilen. Der Kläger hat im Rahmen des (gerichtlichen) Verfahrens nachvollziehbar dargetan, dass weder er noch seine Familienangehörigen über entsprechende finanzielle Mittel verfügen, um die oben genannten Kosten der medizinischen Behandlung nebst entsprechender Medikamente tragen zu können. Der Kläger hat zwar ein sog. berufsvorbereitendes Jahr als Maler absolviert und erlernt derzeit den Beruf einer "Fachkraft im Gastgewerbe". Jedoch besitzt er noch keine abgeschlossene Berufsausbildung, welche ihm eine entsprechende Chance auf dem insbesondere (auch) für Palästinenser hart umkämpften Arbeitsmarkt im Libanon (40 bis 60% Arbeitslosigkeit unter den Palästinensern trotz nunmehr besserem Zugang zum Arbeitsmarkt) geben würde. In diesem Zusammenhang darf nicht übersehen werden, dass auslösender Faktor für die Erkrankung des Klägers insbesondere auch Schlafentzug sein kann. Der Kläger müsste (auch) im Libanon seinen etwaigen Arbeitgeber darauf hinweisen. Es bedarf keiner weiteren Erörterung, dass sich dadurch die Arbeitsmarktchancen des Klägers (auch) im Libanon nicht gerade verbessern.