Ein "Untertauchen" des Ausländers lässt nur dann das Rechtsschutzinteresse entfallen, wenn er trotz Aufforderung des Gerichts seine ladungsfähige Anschrift nicht offenbart; die Abschiebung eines abgelehnten Asylbewerbers in einen Staat, der nicht in der Zielstaatsbezeichnung der Abschiebungsandrohung aufgeführt ist, setzt die vorherige Ergänzung der Zielstaatsbezeichnung durch das Bundesamt voraus.
Ein "Untertauchen" des Ausländers lässt nur dann das Rechtsschutzinteresse entfallen, wenn er trotz Aufforderung des Gerichts seine ladungsfähige Anschrift nicht offenbart; die Abschiebung eines abgelehnten Asylbewerbers in einen Staat, der nicht in der Zielstaatsbezeichnung der Abschiebungsandrohung aufgeführt ist, setzt die vorherige Ergänzung der Zielstaatsbezeichnung durch das Bundesamt voraus.
(Leitsatz der Redaktion)
Die Beschwerde hat Erfolg.
Sie ist zulässig. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin fehlt dem Antragsteller nicht deshalb das Rechtsschutzbedürfnis, weil er derzeit unbekannten Aufenthalts ist.
Vom Wegfall eines (ursprünglich gegebenen) Rechtsschutzbedürfnisses kann ein Gericht im Einzelfall ausgehen, wenn das Verhalten eines Rechtsschutz suchenden Verfahrensbeteiligten Anlass zu der Annahme bietet, dass ihm an einer Sachentscheidung des Gerichts nicht (mehr) gelegen ist. Eine hierauf gestützte Abweisung eines Rechtsschutzbegehrens mangels Sachbescheidungsinteresses begegnet grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.10.1998 - 2 BvR 2662/95 -, InfAuslR 1999, 43 [45]). Will ein Gericht an ein Verhalten eines Beteiligten während eines zulässigerweise anhängig gemachten Verfahrens die weit reichende Folge einer Abweisung des Rechtsschutzbegehrens als unzulässig mangels Rechtsschutzinteresses und damit die Verweigerung effektiven Rechtsschutzes in der Sache knüpfen, ohne den Beteiligten vorher auf Zweifel am fortbestehenden Rechtsschutzinteresse hinzuweisen und ihm Gelegenheit zu geben, sie auszuräumen, so müssen konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die den sicheren Schluss zulassen, dass den Beteiligten an einer Sachentscheidung des Gerichts in Wahrheit nicht mehr gelegen ist (BVerfG, Beschl. v. 27.10.1998, a.a.O.). Ein solcher Fall kann vorliegen, wenn der Ausländer "untergetaucht" ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.08.1996 - 9 C 169.95 -, NVwZ 1997, 1136; OVG NW, Beschl. v. 30.07.2003 - 17 B 1070/03 -, Juris, m. w. Nachw; BayVGH, Beschl. v. 19.11.2001 - 10 ZE 01.2757 -, BayVBl 2002, 532; ThürOVG, Beschl. v. 03.07.1999 - 3 ZEO 1154/98 -, InfAuslR 2000, 19). Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschl. v. 04.12.2003 - 2 M 547/03 - Juris; Beschl. v. 03.04.2006 - 2 M 82/06) muss jedoch hinzukommen, dass der Ausländer trotz Aufforderung des Gerichts seinen wahren Aufenthaltsort (ladungsfähige Anschrift) nicht offenbart. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Ausländer erst nach dem "Untertauchen" um Rechtsschutz nachsucht. Einer - möglichen - Abschiebung kann der Ausländer wirksam begegnen, indem er dem Gericht gegenüber seinen Aufenthalt angibt; daraufhin ist das Verwaltungsgericht gezwungen, über einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz in der Sache zu entscheiden und zuvor erforderlichenfalls den Aufenthalt des Ausländers bis zu einer solchen Sachentscheidung vorläufig zu sichern (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.12.1995 - 2 BvR 2552/95 - DVBl 1996, 611). Tut er dies nicht, gibt er zu erkennen, dass er sich einem gerichtlichen Verfahren nicht zu stellen beabsichtigt und an einer Sachentscheidung des Gerichts in Wahrheit nicht (mehr) interessiert ist.
In Anwendung dieser Grundsätze kann im vorliegenden Fall nicht davon ausgegangen werden, dass das Rechtsschutzinteresse des Antragstellers entfallen ist. Allein der Umstand, dass sich der Antragsteller durch Untertauchen der für den 07.05.2007 angekündigten Abschiebung entzogen hat, reicht hierfür - wie dargelegt - nicht aus.
Die Beschwerde ist auch begründet. Der Antragsteller rügt zu Recht, dass es bislang an einer Prüfung des Bundesamtes dahingehend fehlt, ob seiner Abschiebung nach Guinea Abschiebungshindernisse im Sinne des § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG entgegen stehen.
Gemäß § 59 Abs. 1 AufenthG soll die Abschiebung schriftlich unter Bestimmung einer Ausreisefrist angedroht werden. Gemäß § 59 Abs. 2 AufenthG soll in der Androhung der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und soll der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Wird der Ausländer nach Durchführung eines Asylverfahrens - wie hier der Antragsteller - nicht als Asylberechtigter anerkannt und besitzt er keinen Aufenthaltstitel, wird die Abschiebungsandrohung von dem Bundesamt erlassen (§ 34 Abs. 1 AsylVfG). Eine solche Abschiebungsandrohung ist in dem Bescheid des Bundesamtes vom 21.04.1999 (Nr. 4 des Bescheidtenors) enthalten. Als Staat, in den abgeschoben werden soll, wird darin der Staat Sierra Leone genannt. Außerdem enthält die Androhung gemäß § 59 Abs. 2 AufenthG den Hinweis, dass der Antragsteller auch in jeden anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Diese Androhung ist zwar als solche rechtlich nicht zu beanstanden. Sie lässt aber nicht ohne weiteres eine Abschiebung in den in der Androhung nicht bezeichneten Staat Guinea zu. Gemäß § 24 Abs. 2 AsylVfG obliegt nämlich dem Bundesamt nach Stellung eines Asylantrags auch die Entscheidung, ob die Voraussetzungen für die Aussetzung der Abschiebung nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen. Der Schutzzweck des § 24 Abs. 2 AsylVfG kann indes nur dann erreicht werden, wenn eine solche Prüfung gerade hinsichtlich des Staates erfolgt, in den der Ausländer tatsächlich abgeschoben werden soll. Hat das Bundesamt indes - wie hier in seinem Bescheid vom 21.04.1999 - eine solche Prüfung lediglich hinsichtlich des in der Androhung bezeichneten Zielstaates (hier: Sierra Leone) durchgeführt, würde der Schutzzweck des § 24 Abs. 2 AsylVfG unterlaufen, wenn der Ausländer ohne weiteres und allein wegen des erfolgten Hinweises nach § 59 Abs. 2 AufenthG auch in jeden anderen Staat (hier: Guinea) abgeschoben werden könnte. Voraussetzung für eine solche Abschiebung ist vielmehr, dass das (insoweit nach wie vor zuständige) Bundesamt auch hinsichtlich dieses Zielstaates die Prüfung im Sinne des § 24 Abs. 2 AsylVfG i.V.m. § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vornimmt (vgl. Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 59 RdNr. 58; VGH BW, Urt. v. 30.07.1997 - 11 S 2807/96 - InfAuslR 1998, 18; OVG RP, Beschl. v. 06.02.1998 - 11 A 10716/97 - NVwZ-RR 1998, 457; offen gelassen von BVerwG, Urt. v. 25.07.2000 - BVerwG 9 C 42.99 - InfAuslR 2001, 46) und dem Ausländer der neue Zielstaat in einer Abschiebungsanordnung benannt wird (vgl. Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 59 RdNr. 57).