In Angola besteht eine extreme allgemeine Gefahrenlage i.S.d. verfassungskonformen Auslegung des § 60 Abs. 7 AufenthG für Kleinkinder, Schwangere, Rückkehrer mit kleinen Kindern und schwer kranke Personen.
In Angola besteht eine extreme allgemeine Gefahrenlage i.S.d. verfassungskonformen Auslegung des § 60 Abs. 7 AufenthG für Kleinkinder, Schwangere, Rückkehrer mit kleinen Kindern und schwer kranke Personen.
(Leitsatz der Redaktion)
Nach Maßgabe des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.
Ein Abschiebungsverbot kann hinsichtlich der Klägerin zwar nicht aus § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG (in unmittelbarer Anwendung) hergeleitet werden.
Bei Anwendung dieser Grundsätze ist im vorliegenden Fall durch die schlechte Versorgungslage eine konkrete extreme Gefährdung der Klägerin im Falle ihrer Abschiebung nach Angola zu erwarten.
Aufgrund des jahrzehntelangen Bürgerkrieges in Angola ist dort die Versorgungslage mit Nahrungsmitteln als sehr kritisch zu bezeichnen. Derzeit sind die Existenzbedingungen - insbesondere für kleine Kinder und schwangere Frauen - in weiten Teilen des Landes nicht gewährleistet. Das Gesundheits- und Hygienewesen ist vollständig zusammengebrochen, so dass regelmäßig auftretende Cholera, Typhus- und Malariaepidemien ihre Opfer fordern. Aus diesen Gründen weist Angola z.B. auch die zweithöchste Kindersterblichkeit der Erde mit einer Mortalitätsrate von ca. 32 - 35 % der unter 5-jährigen auf. Größere staatliche Krankenhäuser gibt es nur in der Hauptstadt Luanda (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Angola vom 18. April 2006 und 18. April 2005; Auswärtiges Amt an Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg vom 27. Februar 1997; Länderinformationsblatt des Bundesamtes für Flüchtlinge in Bern vom 18. Mai 2000; hierzu auch: OVG Lüneburg, Urteil vom 1. März 2001 -1 L 4006/00 -; VG Münster, Urteil vom 16. Mai 2006 - 7 K 1830/05.A -, juris; VG Amsberg, Urteile vom 4. Januar 2007 - 7 K 1150/06.A -, vom 8. Januar 2007 - 7 K 2011/06.A - und vom 22. Februar 2007 - 7 K 439/06.A-).
Aufgrund dieser aktuellen wirtschaftlich-sozialen Lage in Angola muss gegenwärtig weiterhin davon ausgegangen werden, dass die Überlebensmöglichkeiten für Babys, kleine Kinder, "werdende" Mütter sowie für schwer kranke Personen in Angola generell als bedenklich einzustufen sind (vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 13. Februar 2007 - 1 A4709/06.A -, vom 22. Juni 2006 - 1 A 2417/06.A -, vom 22. Dezember 2005 - 1 A 4425/05.A -, vom 24. Januar 2005 - 1 A 259/05.A -).
Allerdings ist es eine Frage des Einzelfalles, ob unter Berücksichtigung der jeweiligen besonderen Umstände ein solches Abschiebungsverbot besteht (vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 13. Februar 2007 - 1 A 4709/06.A -, vom 13. Juli 2006 - 1 A 2689/06.A -, vom 22. Juni 2006 - 1 A 2415/06.A -, vom 31. Januar 2006 - 1 A 4954/05.A -, vom 22. Dezember 2005 - 1 A 4425/05.A -, vom 18. März 2002 - 1 A 961/02.A -; Urteil vom 21. September 2000 - 1 A 5615/96.A -).
Im vorliegenden Einzelfall gehört die minderjährige, erst "2 Jahre" alte und in der Bundesrepublik Deutschland geborene Klägerin bereits aufgrund ihres Alters der oben beschriebenen Hochrisikogruppe der unter 5-jährigen Kinder an, für die das existenzielle Minimum in Angola nicht gewährleistet ist. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) ist es ihr bereits aufgrund ihres Alters ersichtlich auch nicht möglich selbst ihr Existenzminimum zu sichern, so dass ihr im Falle ihrer Rückkehr nach Angola wegen der dortigen schwierigen Versorgungslage eine extreme Gefahr für Leib und Leben droht.
Auch für den Fall, dass sie gemeinsam mit ihrer Mutter nach Angola reisen würde, wäre jedenfalls derzeit ihr existenzielles Minimum dort nicht gesichert. Denn ihre Mutter müsste als Neuankömmling erst einmal selbst ihr eigenes Überleben in Angola sichern und ist zur Überzeugung des Gerichts insoweit nicht in der Lage, jedenfalls derzeit das notwendige Existenzminimum der minderjährigen Klägerin dort sicherzutellen.