FG Niedersachsen

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Zitieren als:
FG Niedersachsen, Beschluss vom 18.05.2007 - 7 S 39/06 - asyl.net: M10560
https://www.asyl.net/rsdb/M10560
Leitsatz:

Prozesskostenhilfe für Klage auf Kindergeld bei Duldung; Einwände gegen Verfassungsmäßigkeit von § 62 Abs. 2 Nr. 2 EStG nicht von vornherein aussichtslos.

 

Schlagwörter: D (A), Kindergeld, Duldung, Verfassungsmäßigkeit, Gleichheitsgrundsatz, Prozesskostenhilfe, Erfolgsaussichten
Normen: EStG § 62 Abs. 2 Nr. 2; GG Art. 3 Abs. 1; FGO § 142; ZPO § 114
Auszüge:

Prozesskostenhilfe für Klage auf Kindergeld bei Duldung; Einwände gegen Verfassungsmäßigkeit von § 62 Abs. 2 Nr. 2 EStG nicht von vornherein aussichtslos.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Der Antrag ist begründet.

Nach § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Vorliegend hat der Antragsteller nach § 62 Abs. 2 Nr. 2 EStG zwar keinen Anspruch auf Zahlung von Kindergeld für seine Kinder .... Er ist lediglich im Besitz einer ausländerbehördlichen Duldung seit dem 2. Januar 1995 und erhält Leistungen nach dem Asylbewerberieistungsgesetz (AsylbLG) gemäß § 2 AsylbLG in Verbindung mit §§ 19 Abs. 1, 27 ff. Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII). Nach Ansicht des Antragstellers werde die geänderte Fassung des § 62 Abs. 2 Nr. 2 EStG allerdings den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in seinem obigen Beschluss vom 6. Juli 2004 1 BvL 4/97, 5/97 und 6/97 in denjenigen Fällen nicht gerecht, bei denen - wie im Streitfall - eine ausländerbehördliche Duldung seit vielen Jahren bestehe, eine Aufenthaltsbeendigung nicht absehbar und der Inlandsaufenthalt damit zukunftsoffen sei. Bei solchen Sachverhaltskonstellationen eigne sich die Duldung nicht als Grundlage einer Prognose über die Dauer des Aufenthalts und dementsprechend nicht als Abgrenzungskriterium bei der Gewährung von Kindergeld und verstoße - auch im Hinblick auf die Regelung des § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetzes - gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Die Entscheidung dieser Rechtsauffassung betrifft rechtlich schwierige Fragen des Hauptsacheverfahrens, über die im Prozesskostenhilfeverfahren eine abschließende Beurteilung nicht möglich ist (vgl. BFH, Beschluss vom 19. Dezember 2003 VI B 95/00, BFH/NV 2004, 466; Beschluss vom 13. September 2000 VI B 134/00, BStBl II 2001, 108; Beschluss vom 24. Mai 2000 VI B 251/99, BFH/NV 2000, 1204; Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, Kommentar, 6. Auflage, § 142 Rz 40), zumal dem Senat die Einwände des Antragstellers - auch im Hinblick auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 15. März 2007 III R 93/03 - gleichwohl nicht von vornherein aussichtslos erscheinen.