AG Bremen

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Zitieren als:
AG Bremen, Urteil vom 12.04.2007 - 200 Js 35942/06 - asyl.net: M10559
https://www.asyl.net/rsdb/M10559
Leitsatz:

Keine mittelbare Falschbeurkundung wegen Falschangaben in Duldung, wenn die Duldung den Zusatz enthält, dass die Eintragungen auf den Angaben des Ausländers beruhen.

Schlagwörter: D (A), Strafrecht, mittelbare Falschbeurkundung, Duldung, Falschangaben, Aufenthaltstitel
Normen: StGB § 271 Abs. 1; AufenthG § 95 Abs. 2 Nr. 2
Auszüge:

Keine mittelbare Falschbeurkundung wegen Falschangaben in Duldung, wenn die Duldung den Zusatz enthält, dass die Eintragungen auf den Angaben des Ausländers beruhen.

(Leitsatz der Redaktion)

Die festgestellte Handlung des Angeklagten erfüllt nicht den Tatbestand der mittelbaren Falschbeurkundung. Der Tatbestand des § 271 Abs. 1 StGB setzt voraus, dass der Täter bewirkt, dass Erklärungen, Verhandlungen oder Tatsachen, welche für Rechte oder Rechtsverhältnisse von Erheblichkeit sind, in öffentlichen Urkunden, Büchern, Dateien oder Registern als abgegeben oder geschehen beurkundet oder gespeichert werden, während sie überhaupt nicht oder in anderer Weise oder von einer Person in einer ihr nicht zustehenden Eigenschaft oder von einer anderen Person abgegeben oder geschehen sind. Soweit eine öffentliche Urkunde errichtet wurde, sind allerdings nicht in jedem Fall sämtliche dort erwähnten Erklärungen oder Tatsachen vom Schutzbereich des § 271 Abs. 1 StGB umfasst. Der Schutzbereich des § 271 ist beschränkt auf die Wahrheit und Verlässlichkeit öffentlicher Informationsträger mit besonderer, ihnen von Rechts wegen zukommender Richtigkeitsgewähr (Tröndle/Fischer StGB, 53. Auflage, 2006, § 271 Rn. 4).

Entscheidend ist, ob gerade auch die inhaltlich falsch aufgezeichneten Umstände nach der Verkehrsanschauung unter Berücksichtigung des der Beurkundung zugrunde liegenden Gesetztes von der erhöhten Beweiswirkung erfasst sind (BGH St 22, 201; 26, 9). Diese Beweiswirkung setzt voraus, dass die Urkunde nicht nur für und gegen den Aussteller, sondern gegen jeden Dritten für die in ihr konstatierten Tatsachen Beweis erbringt (Tröndle/Fischer, a. a. O. Rn. 6).

Im August 2004 galt für die Ausstellung der Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung § 63 Asylverfahrensgesetz in der Fassung des Gesetzes vom 05.05.2004 (BGBl 1 S. 718), der im damaligen Absatz Nr. 5 über § 56 a AuslG auf § 39 Abs. 1 AuslG verweist. § 39 Abs. 1 Nr. 10 AuslG sieht einen Hinweis darauf vor, dass die Personalangaben nur auf den eigenen Angaben des Ausländern beruhen. Eben dieser Hinweis war, wie bereits erwähnt, auch auf der Duldung des Angeklagten angebracht. Damit erfasst die erhöhte Beweiswirkung der zur Duldung aufgenommenen Daten allerdings nicht mehr jene, die der Antragsteller selbst gemacht hat, so etwa die Angabe über die Staatsangehörigkeit.

Auch der Vorwurf des Erschleichens eines Aufenthaltstitels gemäß § 93 Abs. 2 Nr. 2 AuslG a. F. ist nicht gegeben.

Während es § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung unter Strafe stellte, wenn der Ausländer unrichtige oder unvollständige Angaben machte oder benutzte, um für sich oder für einen anderen eine Aufenthaltsgenehmigung oder Duldung zu beschaffen, enthält der seit dem 01.01.2005 geltende § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG gerade nicht mehr die Duldung. Stattdessen heißt es dort, dass bestraft wird, wer unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen eine Aufenthaltstitel zu beschaffen. Als Aufenthaltstitel im Sinne des Gesetzes erfasst § 4 Abs. 1 Satz 2 allerdings lediglich das Visum, die Aufenthaltserlaubnis oder/und die Niederlassungserlaubnis. Die Duldung nach dem Asylverfahrengesetz ist hier indes nicht enthalten.