VG Düsseldorf

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Zitieren als:
VG Düsseldorf, Urteil vom 21.03.2007 - 2 K 5288/06.A - asyl.net: M10482
https://www.asyl.net/rsdb/M10482
Leitsatz:
Schlagwörter: Familienasyl, Familienabschiebungsschutz, Folgeantrag, Drei-Monats-Frist, Fristbeginn, Eltern, Kenntnis, Flüchtlingsanerkennung, Vaterschaftsanerkennung, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Normen: AsylVfG § 71 Abs. 1; VwVfG § 51 Abs. 3; AsylVfG § 26 Abs. 4; BGB § 1629 Abs. 1; VwVfG § 32
Auszüge:

Die so ausgelegte Klage hat keinen Erfolg.

Sie ist mangels Rechtsschutzinteresses bereits unzulässig, weil der Klägerin eine Abschiebung in den Iran zu keiner Zeit angedroht wurde. Der angegriffene Bescheid vom 18. September 2006 enthält gemäß § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylVfG keine erneute Abschiebungsandrohung. Maßgeblich ist vielmehr die im ersten Bescheid vom 7. Juni 2005 angedrohte Abschiebung in den Irak. Hiergegen ist der Folgeantrag ausweislich seiner Begründung aber nicht gerichtet.

Unabhängig hiervon ist die Klage auch nicht begründet.

Nach § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ist für den Fall, dass der Ausländer nach unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrages erneut einen Asylantrag (Folgeantrag) stellt, ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen. Das gilt auch dann, wenn - wie hier - Familienasyl bzw. Familienabschiebeschutz gemäß § 26 Abs. 4 AsylVfG begehrt wird (vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 18. Januar 2000 - 11 L 4316/99 -; OVG des Saarlandes, Urteil vom 8. September 2004 - 2 R 25/03 -; VG Minden, Urteil vom 12. April 2005 - 1 K 5205/03.A - (alle JURIS)).

Die Wiederaufnahmevoraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG liegen indes nicht vor. Nach § 51 Abs. 3 VwVfG muss der Antrag binnen drei Monaten gestellt werden; die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat (§ 51 Abs. 3 VwVfG). Diese Frist hat die Klägerin versäumt.

Voraussetzung für den Beginn der Frist ist die positive Kenntnis aller insoweit maßgeblichen Tatsachen, das heißt ein auf sicherer Grundlage beruhendes Wissen insoweit. Nicht erforderlich ist dagegen die zutreffende rechtliche Einordnung der bekannten Tatsachen, also die Erkenntnis, dass diese einen Wiederaufnahmegrund ergeben (vgl. Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage, § 51 Rn. 47 unter Hinweis auf BGH, Beschluss vom 30. März 1993 - X ZR 51/92 -, ZIP 1993, 613-617).

Nach diesen Grundsätzen begann die dreimonatige Frist des § 51 Abs. 3 VwVfG, nachdem die Eltern der Klägerin - auf deren Kenntnis ist nach der gemeinsamen Sorgeerklärung vom 25. April 2005 gemäß § 1629 Abs. 1 Satz 2 BGB abzustellen - vom Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 24. Juni 2005 erfahren haben. Der Folgeantrag der Klägerin stützt sich nämlich darauf, dass bei ihrem Vater ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG hinsichtlich des Iran festgestellt worden ist. Dass Herr S. ihr Vater ist, war beiden Eltern nach dem am 25. April 2005 beim Jugendamt E abgegebenen Vaterschaftsanerkenntnis bekannt. Dass bei ihm die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, haben die Eltern erfahren, als sie vom Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 24. Juni 2005 Kenntnis genommen haben, mit dem das Bundesamt verpflichtet wurde, beim Vater der Klägerin die Voraussetzungen nach § 60 Abs. 1 AufenthG festzustellen.

Begann die dreimonatige Frist des § 51 Abs. 3 VwVfG somit im Verlauf des Monats Juli 2005, ging der mit Schreiben vom 22. Mai 2006 gestellte Folgeantrag mehr als neun Monate später und damit deutlich nach Fristablauf beim Bundesamt ein.

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 32 VwVfG kam nicht in Betracht. Die Klägerin hat bereits einen entsprechenden Antrag nicht gestellt. Jedenfalls haben sie die versäumte Folgeantragstellung nicht rechtzeitig nachgeholt.