FG Düsseldorf

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Zitieren als:
FG Düsseldorf, Urteil vom 20.04.2007 - 18 K 5530/01 Kg - asyl.net: M10471
https://www.asyl.net/rsdb/M10471
Leitsatz:

§ 62 Abs. 2 EStG in der Fassung ab Dezember 2006 gilt auch für Inhaber eines Aufenthaltstitels nach dem Ausländergesetz (hier: Aufenthaltsbefugnis nach Altfallregelung 1999), die nach § 101 AufenthG nunmehr den in § 62 Abs. 2 EStG genannten Aufenthaltstiteln entsprechen.

 

Schlagwörter: D (A), Kindergeld, Aufenthaltsbefugnis, Aufenthaltserlaubnis, Altfallregelung 1999, Altfälle, Rückwirkung, Erwerbstätigkeit, Zuwanderungsgesetz
Normen: EStG § 62 Abs. 2 Nr. 2; EStG § 52 Abs. 61a S. 2; AuslG § 32; AufenthG § 23 Abs. 1; AufenthG § 101 Abs. 2
Auszüge:

§ 62 Abs. 2 EStG in der Fassung ab Dezember 2006 gilt auch für Inhaber eines Aufenthaltstitels nach dem Ausländergesetz (hier: Aufenthaltsbefugnis nach Altfallregelung 1999), die nach § 101 AufenthG nunmehr den in § 62 Abs. 2 EStG genannten Aufenthaltstiteln entsprechen.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Die Klage ist begründet.

Der angefochtene Ablehnungsbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 101 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -), weil der Kläger bereits seit Januar 2001 Anspruch auf Kindergeld für seine 3 Kinder hat, und zwar auf der Grundlage des § 62 Abs. 2 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes i. d. F. des Gesetzes zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss vom 13. Dezember 2006 (BGBl. I 2006, 2915; BStBl I 2007, 62) - EStG -. In dieser Fassung ist die Vorschrift in allen Fällen anzuwenden, in denen das Kindergeld - wie im Streitfall - noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist (§ 52 Abs. 61 a Satz 2 EStG).

Der Kläger besaß seit Januar 2001 einen Aufenthaltstitel i. S. d. § 62 Abs. 2 Nr. 2 EStG, nämlich eine Aufenthaltsbefugnis nach § 32 AuslG, die bis Dezember 2004 einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG entsprach und ab Januar 2005 gemäß § 101 Abs. 2 als Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG weiter galt.

Allerdings ist die Aufenthaltsbefugnis gemäß § 32 AuslG - wie auch die anderen Aufenthaltstitel nach dem "alten" AuslG - in § 62 Abs. 2 EStG nicht ausdrücklich aufgeführt. Daraus kann jedoch nicht gefolgert werden, dass nach dem AuslG erteilte Aufenthaltsgenehmigungen schon allein deshalb keine anspruchsbegründende Wirkung für einen Zeitraum vor In-Kraft-Treten des "neuen" AufenthG hätten, dass es also für Zeiträume vor 2005 bei der Regelung des § 62 Abs. 2 Satz 1 EStG a. F. bliebe. Denn es ist erkennbares Ziel des Gesetzgebers gewesen, mit der Neuregelung des § 62 Abs. 2 EStG i. V. m. § 52 Abs. 61 a Satz 2 EStG einen vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erkannten Rechtszustand zu beseitigen (vgl. BVerfG-Beschluss vom 6. Juli 2004 1 BvL 4-6/97, BVerfGE 111, 160, BFH/NV Beilage 2005, 114; BR-Drucks. 68/06 und BT-Drucks. 16/1368, S. 8), selbstverständlich auch für Zeiträume vor Januar 2005 (ausführlich hierzu FG Düsseldorf Urteil vom 23. Januar 2007 10 K 2661/04 Kg, StE 2007, 182, zur Veröffentlichung bestimmt).

Demgemäß ist § 62 Abs. 2 EStG unter Berücksichtigung des § 101 AufenthG so auszulegen, dass die Vorschrift nicht nur die hierin bezeichneten Aufenthaltstitel des AufenthG umfasst, sondern zusätzlich diejenigen unter dem AuslG erteilten "alten" Aufenthaltstitel einschließt, die gemäß § 101 AufenthG den nunmehr in § 62 Abs. 2 EStG benannten "neuen" Aufenthaltstiteln entsprechen. Auf den Streitfall ist § 62 Abs. 2 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Kläger seit Januar 2001 einen Aufenthaltstitel in Händen hatte, der der Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG gleichstand.

Dieser Aufenthaltstitel berechtigte auch "zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit" i. S. d. § 62 Abs. 2 Nr. 2 EStG. Zwar sah das "alte" Ausländerrecht nicht notwendig - wie nunmehr § 4 Abs. 2 und 3 AufenthG - eine abschließende Entscheidung über die Ausübung einer Erwerbstätigkeit im jeweiligen Aufenthaltstitel vor, sondern es ergingen ggf. noch gesonderte Entscheidungen der Arbeitsverwaltung (befristete bzw. unbefristete Arbeitserlaubnisse und -berechtigungen). Deshalb ist es unter Anwendung des "alten" Ausländerrechts ausreichend, wenn dem Betroffenen im Hinblick bzw. - wie hier - im Vorgriff auf seinen ausländerrechlichen Status und Aufenthaltstitel eine unbefristete Arbeitsgenehmigung (in der Form der Arbeitsberechtigung gemäß § 286 SGB III a. F.) erteilt worden ist. Dies war ja gerade Sinn der nach der Altfallregelung erteilten Aufenthaltsbefugnis, dass der Kläger uneingeschränkt einer Erwerbstätigkeit nachgehen konnte, um weiterhin aus eigener Kraft den Lebensunterhalt seiner Familie zu bestreiten.