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Zitieren als:
BAMF, Bescheid vom 03.05.2007 - 5210782-122 - asyl.net: M10406
https://www.asyl.net/rsdb/M10406
Leitsatz:
Schlagwörter: Bosnien-Herzegowina, Abschiebungshindernis, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, Krankheit, psychische Erkrankung, posttraumatische Belastungsstörung, Roma, alleinstehende Personen, soziale Bindungen, medizinische Versorgung, fachärztliche Stellungnahmen
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7
Auszüge:

Dem Antrag wird insofern entsprochen, als festgestellt wird, dass die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bezüglich Bosnien und Herzegowina vorliegen.

Der rechtliche Anknüpfungspunkt des § 60 Abs. 7 AufenthG für die Feststellung eines Abschiebungshindernisses ist aber nicht eine in der Vergangenheit liegende Traumatisierung im Herkunftsland oder eine derzeit bestehende Erkrankung, sondern die künftige Gefahr der wesentlichen Gesundheitsverschlechterung nach Rückkehr. Deshalb ist auch die Sachaufklärungspflicht auf die Klärung dieser Frage gerichtet und zugleich beschränkt. Der diagnostizierten PTBS-Erkrankung kommt somit nur insoweit Bedeutung zu, als sie zur Grundlage dient, aus der die genannte Gefahr hergeleitet werden kann.

Im vorliegenden Fall war daher zu prüfen, ob der Antragstellerin alsbald nach Rückkehr in das Herkunftsland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine wesentliche oder gar lebensbedrohliche Gesundheitsbeeinträchtigung droht.

Gerade dies wird aber in den vorgelegten ärztlichen bzw. psychologischen Unterlagen nicht nachvollziehbar dargelegt. § 60 Abs. 7 AufenthG verlangt die Benennung konkreter Gefahren, so dass schlagwortartige Aussagen zur drohenden Gesundheitsbeeinträchtigung nicht genügen. Ebenso wenig kann die erforderliche Schwere der Gefahr festgestellt werden, wenn die ärztliche Stellungnahme, statt konkrete Gefahren zu benennen, lediglich den gesetzlichen Maßstab mit gleichen oder ähnlichen Worten wiederholt.

Im Falle der Antragstellerin ist aber davon auszugehen, dass es ihr auf Grund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen, ihres geringen Bildungsstandes (einschließlich eingeschränkter Sprachkenntnisse in Serbokroatisch) und fehlender Berufserfahrungen sowie den damit in Zusammenhang stehenden Schwierigkeiten bei der Bewältigung der Alltagsprobleme und einer etwaigen Arbeitsaufnahme nach Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht gelingt, sich eine Lebensgrundlage zu verschaffen bzw. dass sie am Rande des Existenzminimums leben müsste. Zu berücksichtigen ist hier auch der Umstand, dass sich der Familienverband zwischenzeitlich fast vollständig dauerhaft in Deutschland aufhält, so dass ein familiärer Rückhalt im Herkunftsstaat nicht vorhanden ist. Sie kann auch nicht auf eine etwaige Unterstützung durch ihren bereits nach Bosnien abgeschobenen Ehemann verwiesen werden, da bereits seit mehreren Jahren kein Kontakt mehr zu diesem besteht.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Antragstellerin als Angehörige der Volksgruppe der Roma bei einer Rückkehr nach Bosnien ohnehin mit größeren Schwierigkeiten bei der Wiederansiedlung und Versorgung mit einer Unterkunft, bei der Arbeitssuche sowie bei der Erlangung von Sozialhilfe und medizinischer Versorgung rechnen muss (Vgl. hierzu Lagebericht des Auswärtigen Amtes zu Bosnien und Herzegowina vom 07.08.2006, Gz.: 506-518.80/3 BIH, sowie Information des Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (ACCORD) zur Allgemeinen Lage der Roma in Bosnien und Herzegowina vom 05.01.2007).