LG Münster

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Zitieren als:
LG Münster, Beschluss vom 16.04.2007 - 5 T 31/07 - asyl.net: M10352
https://www.asyl.net/rsdb/M10352
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Wohnungsdurchsuchung, Beschwerde, Erledigung, Rechtsschutzinteresse, Feststellungsinteresse, Rechtsweggarantie, Sicherstellung, Identität ungeklärt, Passbeschaffung, Passersatzbeschaffung
Normen: PolG NW § 42 Abs. 1 S. 1; PolG NW § 41 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; PolG § 43 Nr. 1; GG Art. 19 Abs. 4
Auszüge:

Die sofortige Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

Insbesondere ist das Rechtsmittel auch nach der Vollziehung der Durchsuchung der Wohnung des Betroffenen noch zulässig. Das Rechtsschutzinteresse des Beteiligten zu 1) besteht insoweit fort, als es nunmehr auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme gerichtet ist. Dies ergibt sich in Fällen einer vollstreckten Durchsuchungsanordnung nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. etwa BVerfGE 96, 27, 39) in der Regel aus Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Durchsuchungsanordnung bzw. ihre Vollstreckung einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff darstellt.

Die Durchsuchungsanordnung des Amtsgerichts war auch rechtswidrig, so dass der Feststellungsantrag begründet ist.

Nach § 42 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 41 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 PolG NW darf das Amtsgericht die Durchsuchung einer Wohnung anordnen, soweit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich eine Sache in der Wohnung befindet, die sichergestellt werden darf. Nach § 43 Nr. 1 PolG kann eine Sache sichergestellt werden, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren. Darüber hinaus muss die Durchsuchungsanordnung geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sein.

Der Beteiligte zu 1) ist gem. § 50 AufenthG ausreisepflichtig und kommt dieser Verpflichtung nicht freiwillig nach, worin ein Verstoß gegen die Rechtsordnung und damit eine Störung der öffentlichen Sicherheit liegt.

Jedoch hat der Beteiligte zu 2) keine Tatsachen vorgetragen, die die Annahme hätten rechtfertigen können, dass sich eine Sache in der Wohnung befindet, die sichergestellt werden darf. Zwar dürften gem. § 43 Nr. 1 PolG NW Gegenstände, die es ermöglichen, die Identität des Beteiligten zu 1) zweifelsfrei festzustellen und Passersatzpapiere zu erlangen sowie aufenthaltsbeendende Maßnahmen durchzusetzen, sichergestellt werden, um die Störung der öffentlichen Sicherheit durch den unberechtigten Aufenthalt des Beteiligten zu 1) zu beseitigen. Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen könnten, dass sich solche Dokumente in der Wohnung des Beteiligten zu 1) befinden, sind jedoch nicht dargetan worden. Ein allgemeiner Verdacht bzw. die bloße vage Möglichkeit, dass solche Dokumente in der Wohnung aufgefunden werden können, reicht nicht aus, vgl. OLG Frankfurt im Beschluss vom 19.07.2006, AZ: 20 W 181/06; LG Paderborn im Beschluss vom 18.01.2007, AZ: 2 T 102/06; LG Ravensburg im Beschluss vom 24.03.2003, AZ: 6 T 364/01. Mehr als einen allgemeinen Verdacht und eine ganz vage Möglichkeit hat der Beteiligte zu 2) nicht dargetan. In der Antragsschrift hat er lediglich angegeben, dass vermutet werde, dass sich in der Wohnung des Betroffenen Papiere befinden, die Hinweise auf eine tatsächliche Identität oder Verwandtschaftsverhältnisse im Bundesgebiet geben. Aus dieser vagen Vermutung sind keine Tatsachen abzuleiten, die die Annahme rechtfertigen, dass sich in der Wohnung Sachen befinden, die sichergestellt werden dürfen. Im Beschwerdeverfahren hat der Beteiligte zu 2) weiter ausgeführt, dass die Erfahrung zeige, dass in vielen Fällen bei Wohnungsdurchsuchungen tatsächlich chinesische Dokumente oder aber zumindest Briefe, Überweisungen nach China oder ähnliche Unterlagen aufgefunden werden, die Hinweise auf die tatsächliche Identität der Person geben. Auch dies sind lediglich Vermutungen, die zumindest für eine ganz überwiegende Mehrzahl von Personen zutreffen, die zur Ausreise verpflichtet sind und ihren Mitwirkungspflichten nicht nachkommen. Mit diesem Vorbringen im Beschwerdeverfahren hat der Beteiligte zu 2) die vage Vermutung aus der Antragsschrift lediglich auf chinesische Staatsangehörige bezogen und die Art der gegebenenfalls aufzufindenden Dokumente benannt. Das Vorbringen bleibt jedoch vage und unkonkret, insbesondere nicht auf den Beteiligten zu 1) im Besonderen bezogen. Natürlich kann es immer sein, dass sich in der Wohnung einer Person Unterlagen oder sonstige Gegenstände finden lassen, die nähere Rückschlüsse auf die Identität der Person ermöglichen. Dies gilt für ausreisepflichtige Ausländer aber nicht mehr und nicht weniger als für andere Personen. Die Kammer schließt sich der herrschenden Auffassung in der Rechtsprechung - gemäß den oben angeführten Entscheidungen - an, dass die Bezugnahme auf Tatsachen in § 41 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 PolG NW leerlaufen würde, wenn man das von dem Beteiligten zu 2) Vorgebrachte zur Rechtfertigung einer Durchsuchung ausreichen ließe.