VG Augsburg

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Zitieren als:
VG Augsburg, Urteil vom 07.12.2006 - Au 1 K 06.680 - asyl.net: M10318
https://www.asyl.net/rsdb/M10318
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Aufenthaltserlaubnis, nachträgliche Befristung, Ermessen, Mitwirkungspflichten, Nachschieben von Gründen, Beurteilungszeitpunkt, Verlängerung, Ehegattennachzug, eigenständiges Aufenthaltsrecht, besondere Härte, Zumutbarkeit, Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft
Normen: AufenthG § 7 Abs. 2 S. 2; AufenthG § 31 Abs. 2; AufenthG § 82 Abs. 1; AufenthG § 8 Abs. 1
Auszüge:

Die zulässige Klage ist nur insoweit begründet, als sie sich gegen Nr. 2 des Bescheids der Beklagten vom 11. Mai 2006 richtet. Die darin verfügte nachträgliche Befristung der Aufenthaltserlaubnis ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Im Übrigen ist die Klage unbegründet, da die Klägerin weder einen Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis noch auf Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis hat (§ 113 Abs. 5 VwGO).

1. Die in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids verfügte nachträgliche Befristung der Aufenthaltserlaubnis ist rechtswidrig.

In die Ermessensentscheidung sind alle wesentlichen Gesichtspunkte einzubeziehen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob ein möglicher Anspruch des Ausländers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis besteht (BayVGH, Beschluss vom 6.3.2006, Az. 24 C 06.371). Die Klägerin hat im Rahmen des Klageverfahrens Tatsachen vorgetragen, die jedenfalls die Prüfung eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 2 Satz 1 AufenthG nahe legen. Eine solche Prüfung wurde im Rahmen der Befristungsentscheidung nicht vorgenommen. Damit wurde bei der Ausübung des Ermessens ein wesentlicher Gesichtspunkt nicht miteingestellt, so dass die Entscheidung ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig ist.

Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin sich erst im Klageschriftsatz - erstmals - auf die besondere Härte nach § 31 Abs. 2 Satz 1 AufenthG berufen hat und dies durch entsprechende Unterlagen auch glaubhaft gemacht hat. Der Klägerin kann insoweit nicht entgegen gehalten werden, dass sie nach § 82 Abs. 1 AufenthG verpflichtet ist, alle für sie günstigen Umstände unverzüglich geltend zu machen. Die daraus ableitbare mögliche Präklusion späteren Vorbringens reicht nicht bis in das gerichtliche Verfahren (Renner, AuslR, 8. Aufl. § 82 Rdnr. 11). Dies bedeutet, dass das Gericht auch die nachträglich vorgebrachten Tatsachen in die Beurteilung über die Rechtmäßigkeit der Befristungsentscheidung einzubeziehen hat. Dabei kann sich, wie im vorliegenden Fall, die Situation ergeben, dass ein aus Sicht der Ausländerbehörde ursprünglich verfahrensfehlerfrei ergangener Verwaltungsakt aufgrund späteren Vorbringens als rechtswidrig zu beanstanden ist (Renner, a.a.O., Rdnr. 11).

2. Im Übrigen ist die Klage jedoch unbegründet.

c) Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 2 Satz 1 AufenthG. Das Gericht ist der Überzeugung, dass eine besondere Härte im Sinn des § 31 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nicht vorliegt.

In der 2. Alternative von § 31 Abs. 2 Satz 2 AufenthG sollen Umstände berücksichtigt werden, die es dem Ehegatten unzumutbar machen, wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange an der ehelichen Lebensgemeinschaft festzuhalten. Solche Fälle liegen insbesondere dann vor, wenn der nachgezogene Ehegatte wegen physischer oder psychischer Misshandlungen durch den anderen Ehegatten die Lebensgemeinschaft aufgehoben hat (BayVGH, Beschluss vom 6.3.2006, Az. 24 C 06.371; Hailbronner, AuslR, § 31 RdNr.19). Voraussetzung dabei ist, dass der nachgezogene Ehegatte selbst wegen Unzumutbarkeit an der Ehe nicht mehr festhalten wollte und die eheliche Lebensgemeinschaft aufgelöst hat (BayVGH, Beschluss vom 17.3.2005, Az. 24 C 05.92).

Zwar geht das Gericht davon aus, dass es jedenfalls am 10. April 2004 zu einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen den Eheleuten kam, in deren Verlauf die Klägerin Verletzungen erlitt.

Allerdings ist das Gericht unter Berücksichtigung der vorliegenden Behördenakten und Schriftsätze des Prozessbevollmächtigten der Klägerin sowie der Aussage der Klägerin selbst und des Zeugen B. in der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung gelangt, dass nicht die Klägerin selbst, sondern letztlich ihr Ehemann die eheliche Lebensgemeinschaft aufgelöst hat.

Die Klägerin hat durch ihr gesamtes Verhalten zu erkennen gegeben, dass sie an der ehelichen Lebensgemeinschaft festhalten wollte und sie nach einer kurzen Phase der Beruhigung wieder zu ihrem Ehemann nach ... zurückkehren wollte. Sie selbst hielt damit ein weiteres Zusammenleben mit ihrem Ehemann nicht für unzumutbar, so dass eine besondere Härte im Sinne des § 31 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nicht vorliegt (siehe hierzu auch BayVGH, Beschluss vom 6.3.2006, Az. 24 C 06.371).