VGH Bayern

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Zitieren als:
VGH Bayern, Beschluss vom 08.01.2007 - 13a ZB 06.31010 - asyl.net: M10264
https://www.asyl.net/rsdb/M10264
Leitsatz:
Schlagwörter: Berufungszulassungsantrag, Verfahrensmangel, rechtliches Gehör, Sachaufklärungspflicht, Sachverständigengutachten, Beweiswürdigung
Normen: AsylVfG § 78 Abs. 3 Nr. 3; VwGO § 138 Nr. 3; GG Art. 103 Abs. 1
Auszüge:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 25. Oktober 2006 ist unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG nicht vorliegen.

Ein Verfahrensmangel im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i.V.m. Art. 138 Nr. 3 VwGO liegt nicht vor.

Das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) ist ein prozessuales Grundrecht und außerdem ein rechtsstaatlich konstitutives Verfahrensprinzip, das mit der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG in funktionalem Zusammenhang steht. Es sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden (BVerfG vom 30.4.2003 BVerfGE 107, 395). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wonach vor Gericht jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör hat, kann allerdings nur dann festgestellt werden, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Voraussetzung einer begründeten Rüge der Versagung rechtlichen Gehörs ist in jedem Fall die (erfolglose) vorherige Ausschöpfung sämtlicher verfahrensrechtlich eröffneter und nach Lage der Dinge tauglicher Möglichkeiten, sich rechtliches Gehör zu verschaffen (BVerfG vom 10.2.1987 BVerfGE 74, 220; BVerwG vom 3.7.1992 NJW 1992, 3185); u.U. müsste ein Rechtsanwalt z.B. Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung stellen. Unterlässt er dies, verliert er sein Recht, eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs rügen zu können (vgl. z.B. BVerwG vom 13.10.1976 Buchholz 11 Art. 103 Abs. 1 GG Nr. 5).

Hiervon ausgehend kann ein Verstoß des Verwaltungsgerichts gegen das verfassungsrechtlich verankerte Gebot rechtliches Gehör zu gewähren, nicht festgestellt werden. Es ist bereits äußerst fraglich, ob der Kläger eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs hinreichend substantiiert gerügt hat, da er inhaltlich lediglich die Sachverhaltswürdigung durch das Verwaltungsgericht angreift. Aber selbst wenn das klägerische Vorbringen als Aufklärungsrüge verstanden würde, könnte er damit nicht durchdringen. Die Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht (vgl. § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) berührt den Regelungsgehalt des Art. 103 Abs. 1 GG nicht, denn der Grundsatz des rechtlichen Gehörs stellt nur sicher, dass das Gericht die Ausführungen der Beteiligten würdigt (BayVerfGH vom 13.3.1981 BayVBl 1981, 529). Art. 103 Abs. 1 GG gibt den am Prozess Beteiligten jedoch keinen Anspruch darauf, dass das Gericht Tatsachen erst beschafft oder von sich aus ermittelt. Wenn das Gericht z.B. von der Beiziehung eines Sachverständigen absieht, so bestehen dagegen unter dem Gesichtspunkt des Art. 103 Abs. 1 GG keine Bedenken (BVerfG vom 15.4.1980 BVerfGE 54, 86). Die Behauptung, die richterlichen Tatsachenfeststellungen seien falsch oder der Richter habe einem Umstand nicht die richtige Bedeutung für weitere tatsächliche oder rechtliche Folgerungen beigemessen, vermag grundsätzlich einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht zu begründen (BVerfG vom 19.7.1967 BVerfGE 22, 267).