VGH Bayern

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Zitieren als:
VGH Bayern, Beschluss vom 01.02.2007 - 24 ZB 06.3 - asyl.net: M10167
https://www.asyl.net/rsdb/M10167
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Bosnien-Herzegowina, Bürgerkriegsflüchtlinge, Erlasslage, Verpflichtungserklärung, Berufungszulassungsantrag, Divergenzrüge, ernstliche Zweifel, Wechsel des Aufenthaltszwecks
Normen: VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 4; VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1; AuslG § 84; AuslG § 32a Abs. 1
Auszüge:

a) Das Urteil des Verwaltungsgerichts weicht nicht von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ab (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO).

Das Verwaltungsgericht hat keinen Rechtssatz aufgestellt, der von dem vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten, dass die Unterhaltsverpflichtung aus der Verpflichtungserklärung dann endet, wenn der ursprüngliche Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt und dies aufenthaltsrechtlich anerkannt worden ist (BVerwG vom 24.11.1998, BVerwGE 108, 1/8), abweicht. Es hat unter Bezugnahme auf die bundesverwaltungsgerichtliche Entscheidung ausgeführt, dass die Verpflichtungserklärungen im Hinblick auf die Aufnahme von Flüchtlingen aus Bosnien-Herzegowina so auszulegen seien, dass sich die Verpflichteten bereit erklärt haben, den Lebensunterhalt der Flüchtlinge für die Gesamtdauer des bürgerkriegsbedingten Aufenthalts zu tragen.

b) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer Gerichtsentscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind dann begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (BVerfG vom 23.6.2000 NVwZ 2000, 1163/1164). Nach diesem Maßstab begegnet die angefochtene Entscheidung keinen ernstlichen Zweifeln.

Die Behauptung der Klagepartei, bosnische Bürgerkriegsflüchtlinge hätten entgegen dem ursprünglichen Beschluss der Innenministerkonferenz vom 22. Mai 1992 später auch ohne Verpflichtungserklärung eine Duldung beanspruchen können, genügt nicht den Darlegungserfordernissen. Es ist nicht ersichtlich, welcher spätere Beschluss der Innenministerkonferenz hiermit gemeint sein soll. Der Beschluss der Innenministerkonferenz vom 22. Mai 1992 unterscheidet zwischen Bosniern im Visumverfahren (Ziffer 2.2), die damals die Einreise in die Bundesrepublik begehrten und eine Vorabzustimmung nach § 11 Abs. 1 DVAuslG erhalten sollten, wenn eine Verpflichtungserklärung vorlag, und Bosniern, die sich bereits im Bundesgebiet aufhielten und nach Ziffer 2.5 eine Duldung erhielten. Bei mangelnder Sicherung des Lebensunterhalts bestand kein Anspruch des D. auf Duldung, so dass vor seiner Einreise eine Verpflichtungserklärung gefordert werden konnte, deren Geltungsdauer nicht auf die Geltungsdauer des Einreisevisums beschränkt war (BVerwGE 108, 1/9).

§ 32a Abs. 1 AuslG begründete nach dem Willen des Gesetzgebers kein subjektives Recht von Ausländern aus Kriegs- und Bürgerkriegsgebieten auf Aufnahme im Bundesgebiet oder auf Erlass einer Aufnahmeregelung. Ob und gegebenenfalls wie viele Ausländer aus welchen Gebieten aufgenommen werden sollen, ist eine politische Entscheidung. Erst mit Erlass der in Absatz 1 vorgesehenen Anordnung entsteht für die begünstigten Ausländer eine Individualrechtsposition, nämlich das Recht, nach Maßgabe dieser Anordnung behandelt zu werden (BT-Drs. 12/4450 S. 30). In Bezug auf bosnische Bürgerkriegsflüchtlinge wurden nur Anordnungen nach § 54 AuslG getroffen.

Die Klagepartei hat auch nicht dargelegt, dass der ursprüngliche Aufenthaltszweck während des Aufenthalts des D. im Bundesgebiet vom 29. Juni 1994 bis 30. Oktober 1997 durch einen anderen ersetzt und dies aufenthaltsrechtlich anerkannt worden ist. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass D. während seines Aufenthalts einen Asylantrag gestellt hätte.