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VG Aachen

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Zitieren als:
VG Aachen, Urteil vom 05.11.1998 - 4 K 7746/93.A - asyl.net:
https://www.asyl.net/rsdb/20890
Leitsatz:
Schlagwörter: Türkei, Kurden, Jesiden, Religiös motivierte Verfolgung, Verfolgung durch Dritte, Mittelbare Verfolgung, Gruppenverfolgung, Interne Fluchtalternative, Religiöses Existenzminimum, Existenzminimum, Herabgestufter Wahrscheinlichkeitsmaßstab, Syrien (A), Verfolgungssicherheit
Normen: GG Art. 16a; AsylVfG § 27
Auszüge:

Die Klägerin wäre als Yezidin bei einer Rückkehr in die Türkei mittelbaren Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt.

Die Yeziden in der Türkei waren und sind nämlich wegen ihres gruppenspezifischen Merkmals einer zielgerichteten kollektiven Verfolgung durch die moslemische Bevölkerung ausgesetzt, die in den Verantwortungsbereich des türkischen Staates fällt. Diese Beurteilung beruht auf den in das Verfahren eingeführten und nachfolgend dargestellten Gutachten, Auskünften und Erkenntnisquellen...

Der Klägerin bietet sich innerhalb der Türkei auch keine Fluchtalternative.

Es kann offenbleiben, ob den Yeziden in der Türkei auch außerhalb ihrer angestammten Siedlungsgebiete eine an die Religionszugehörigkeit anknüpfende politische Verfolgung durch Dritte droht, gegen die ihnen staatlicher Schutz nicht zur Seite steht. Für die Gebiete der Weststürkei geht die Kammer nämlich davon aus, daß Yeziden dort bei Wahrung des religiösen Existenzminimums die Gründung einer wirtschaftlichen Existenz oder das Bestreiten des Lebensunterhaltes oberhalb einer Verelendungsgrenze nicht möglich wäre, weil ihnen eine Möglichkeit zum Erwerb des Lebensunterhaltes genommen bzw. gar nicht erst geboten wird. In der vorwiegend moslemisch geprägten Umwelt würde ein gläubiger Yezide unweigerlich auffallen, was dazu führen würde, daß ihm ein Arbeitsplatz nicht angeboten oder doch bald wieder entzogen würde.

Die Anerkennung der Klägerin ist auch nicht durch § 27 AsylVfG ausgeschlossen.

Insoweit schließt sich der erkennende Senat nach Auswertung aller ihm vorliegenden Erkenntnisse der im einzelnen begründeten Auffassung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts an, wonach der syrische Staat trotz bestehender umfassender Gebietsgewalt in Fällen moslemischer Übergriffe gegen die yezidische Minderheit grundsätzlich keinen Schutz gewährt. Dies gilt zum einen für die Vergangenheit, zum anderen ist auf der Grundlage der bisherigen Erkenntnisse eine Änderung der Haltung des syrischen Staates auch für die absehbare Zukunft nicht zu erwarten.