VG Frankfurt a.M.

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Zitieren als:
VG Frankfurt a.M., Beschluss vom 01.09.1998 - 2 G 50534/98.A (3) - asyl.net:
https://www.asyl.net/rsdb/20882
Leitsatz:
Schlagwörter: Irak, Kurden, Flughafenverfahren, Einreisegestattung, Jordanien (A), Verfolgungssicherheit, unerlaubter Aufenthalt, Glaubwürdigkeit, Reisedokumente, Nachfluchtgründe, Subjektive Nachfluchtgründe, Antragstellung als Asylgrund, Nordirak, Interne Fluchtalternative, Existenzminimum, Soziale Bindungen
Normen: AsylVfG § 18a; AsylVfG § 27 Abs. 1
Auszüge:

Nach Ansicht des Gerichts besteht derzeit in Jordanien keine offensichtliche Verfolgungssicherheit in diesem Sinne. Zwar führt das Auswärtige Amt in einer Auskunft vom 5.5.1998 an das VG Frankfurt/Main aus, de facto lebten irakische Staatsangehörige seit langem in Jordanien geduldet und sicher. Rückschiebungen fänden im Allgemeinen nicht statt und angeblich hielten sich etwa 90.000 Flüchtlinge aus dem Irak illegal in Jordanien auf und würden von den jordanischen Behörden geduldet. Weiter heißt es dann, über Einzelabschiebungen, die willkürlich erschienen, lägen Berichte vor, die jedoch nicht verifiziert werden könnten.

Dagegen beurteilen amnesty international (Auskunft an Rechtsanwalt Becher v. 3.9.1997) und UNHCR (Auskunft an Rechtsanwalt Dieckmann vom 24.4.1998) die Lage anders. Nach Einschätzung von amnesty international sind irakische Flüchtlinge in Jordanien nicht sicher vor Abschiebung in den Irak. In der Auskunft werden drei Referenzfälle zum Beleg dieser Ansicht aufgeführt. Auch UNHCR ist der Auffassung, daß irakische Flüchtlinge in Jordanien keine ausreichende und längerfristige Sicherheit vor Verfolgung finden könnten. Dem Flüchtlingskommissar seien zahlreiche Vorfälle bekannt, bei denen Gruppen von irakischen Staatsangehörigen - unter diesen auch schutzsuchende Personen - sowie Einzelpersonen aufgrund ihres illegalen Aufenthaltes sowie aus Sicherheitsgründen aus Jordanien in den Irak zurück- oder abgeschoben worden seien.

Angesichts dieser Auskunftslage und der persönlichen Situation des Antragstellers, der sich zum Zeitpunkt seiner Ausreise aus Jordanien nach seinen z.Zt. nicht widerlegbaren Angaben dort illegal aufgehalten hat, kann daher nicht von einer offensichtlichen Verfolgungssicherheit i.S.d. § 18 AsylVfG ausgegangen werden.

Es kann nicht mit der im Eilverfahren erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, daß die Voraussetzungen jedenfalls des § 51 Abs. 1 AuslG offensichtlich nicht vorlägen. Denn bei einer Rückkehr in den Irak würde für die dortigen Behörden unter den gegebenen Umständen der Verdacht der illegalen Ausreise des Antragstellers naheliegen. Dieses Delikt wird aber nach den Auskünften des Auswärtigen Amtes (Lagebericht vom 17.4.1998) mit einem durchschnittlichen Strafmaß von ca. 8 Jahren Gefängnis geahndet, was nach Ansicht des Gerichts völlig außer Verhältnis zum Straftatbestand steht und daher dafür sprechen kann, daß hier nicht nur eine Straftat geahndet sondern auch eine unterstellte Regimegegnerschaft sanktioniert werden soll.