OVG Nordrhein-Westfalen

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Zitieren als:
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.09.1998 - 21 A 3048/96.A - asyl.net:
https://www.asyl.net/rsdb/13792
Leitsatz:
Schlagwörter: Sri Lanka, Tamilen, Bürgerkrieg, LTTE, Bedrohung, Verfolgung durch Dritte, Nachfluchtgründe, Objektive Nachfluchtgründe, Gruppenverfolgung, Situation bei Rückkehr, Grenzkontrollen, Verfolgungssicherheit, Verfolgung durch Dritte
Normen: GG Art. 16a; AuslG § 51 Abs. 1
Auszüge:

Für die Beurteilung, ob die Beigeladenen politisch Verfolgte sind, ist nicht darauf abzustellen, ob sie bei Rückkehr in ihr Heimatland vor politischer Verfolgung hinreichend sicher sind, sondern darauf, ob ihnen politische Verfolgung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit droht, denn sie sind nicht wegen bestehender oder unmittelbar drohender politischer Verfolgung ausgereist; mithin kommen nur Nachfluchttatbestände in Betracht.

Für die Beigeladenen greifen keine Nachfluchtgründe ein. Eine von ihnen selbst nach dem Verlassen Sri Lankas herbeigeführte Verfolgungsgefahr, die einen subjektiven Nachfluchtgrund ergeben könnte, ist nicht ersichtlich, insbesondere gibt die Stellung eines Asylantrags insofern nichts her ( Auswärtiges Amt AA - 06.04.1998 S. 8; UNHCR 25.04.1997 ). Auch ein objektiver, also aus der jetzt gegebenen Situation in Sri Lanka folgender Nachfluchtgrund liegt nicht vor. Es fehlt dazu an der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer bei der Rückkehr drohenden Gefahr politischer Verfolgung. Die Verhältnisse in Sri Lanka tragen die Schlußfolgerung auf eine politische Verfolgung der Bevölkerungsgruppe der Tamilen oder einer die Beigeladenen einschließenden Untergruppe der Tamilen weder für das gesamte Land noch für einzelne Landesteile, so daß sich die Frage nicht stellt, inwieweit die gegenwärtigen Verhältnisse auf einer Änderung beruhen, wie sie ein objektiver Nachfluchtgrund erfordert. Besondere, allein in der Person der Beigeladenen begründete Anknüpfungsgründe für eine Verfolgungsgefahr sind nicht ersichtlich.

Die Einreise nach Sri Lanka ist über den Flughafen von Colombo möglich, ohne daß den Rückkehrern dabei mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Maßnahmen drohen, die die Voraussetzungen eines Aktes politischer Verfolgung erfüllen. Bei der Einreise finden eingehende Personenkontrollen statt, bei denen Rückkehrer aus Europa wegen der Besorgnis des Einschleusens von im Ausland für Anschläge ausgebildete LTTE-Kadern nicht weniger von Sicherheitsmaßnahmen betroffen sind als andere Tamilen ( Keller-Kirchhoff - KK - 13.05.1996 S. 9 f.; UNHCR 25.04.1997 ).

Nur wenn der Einreisende seine Identität nicht durch ordnungsgemäße Ausweise - zu denen auch die srilankischen Auslandsvertretungen bei Fehlen sonstiger Papiere erteilten " emergency certificates" gehören ( AA 23.09.1997; KK 02.09.1997; UNHCR 07. 1998 S. 5 ) - belegen kann oder sein Name auf der Fahndungsliste steht, droht eine Festnahme ( AA 06. 04. 1998 S. 14, 17. 03. 1997 S. 12; KK 24.10.1995 S. 39 ), für diese Möglichkeit spricht vorliegend nichts.

Eine allein ethnisch begründete und diesem Charakter entsprechend landesweite staatliche Verfolgung von Tamilen findet nicht statt ( amnesty international - ai - 28. 09. 1995 S. 3; AA 07.07.1995 S. 1, 06.04.1998 S. 3 ); auch landesweite allein ethnisch bedingte Repressalien gegen Tamilen von seiten der singhalesischen Bevölkerungsmehrheit sind selbst nach der LTTE zugeschriebenen Attentaten und Anschlägen sowie verlustreichen Kämpfen im Norden ausgeblieben ( AA 30.08.1996 S. 4; 06.04.1998 S. 4 ). Die Beeinträchtigungen, denen sich Tamilen ausgesetzt sehen, stehen in Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen zwischen den staatlichen srilankischen Kräften und der LTTE. Entsprechend den unterschiedlichen Ausprägungen dieser bewaffneten Überfälle und Terroranschläge auch außerhalb der Kampfgebiete einschließenden Konflikts stellen sich die Auswirkungen auf die Lage der Tamilen in den verschiedenen Gebieten Sri Lankas unterschiedlich dar. Im einzelnen betrachtet ergibt sich dabei für keinen Bereich eine beachtliche Wahrscheinlichkeit politischer Verfolgung.

Im Großraum Colombo und - in geminderter Weise - in den sonstigen Bereichen des Südens und Westens Sri Lankas drohen Tamilen zwar Beeinträchtigungen. Diese erreichen aber weithin nicht die Eingriffsintensität, die für eine asylerhebliche Rechtsgutbeeinträchtigung erforderlich ist, oder es mangelt ihnen an der notwendigen Gerichtetheit oder sie sind dem Staat nicht zuzurechnen; soweit diese einer Asylberechtigung entgegenstehenden Gesichtspunkte nicht eingreifen, fehlt es an der Verfolgungsdichte.