VG Sigmaringen

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Zitieren als:
VG Sigmaringen, Urteil vom 29.04.1998 - A 1 K 10530/94 - asyl.net:
https://www.asyl.net/rsdb/13750
Leitsatz:
Schlagwörter: Äthiopien, Oromo, OLF, Haft, Vorverfolgung, Nachfluchtgründe, Exilpolitische Betätigung, Terrorismusvorbehalt
Normen: GG Art. 16a
Auszüge:

Der wegen seiner politischen Überzeugung vorverfolgt aus Äthiopien ausgereiste Kläger hat Anspruch auf die Anerkennung als Asylberechtigter, da er bei seiner Rückkehr nicht mit hinreichender Sicherheit vor politischer Verfolgung durch die äthiopische Regierung sicher ist. Das Gericht kommt zu diesem Ergebnis aufgrund der glaubwürdigen Angaben des Klägers und der aus den vorliegenden Erkenntnismitteln gewonnenen Einschätzung der Lage für Mitglieder der OLF in Äthiopien.

Das Gericht glaubt dem Kläger, daß er in Äthiopien Mitglied der OLF war und es auch heute noch ist. Der von ihm vorgelegte OLF-Ausweis ist nach der Auskunft des Auswärtigen Amtes echt. Der Kläger hat in Äthiopien aufgrund seiner Verhaftung vom 6.2.1993 wegen seiner von den Behörden vermuteten OLF-Mitgliedschaft und Kenntnisse über die OLF politische Verfolgung erlitten. Diese Verhaftung erfolgte in Anknüpfung an die politische Überzeugung des Klägers, was sich vor allem auch darin zeigt, daß sie vorgenommen wurde, um ihn zu veranlassen, der OPDO, einer regierungsfreundlichen Oromo-Partei und Gegnerin der OLF, beizutreten.

Zusammenfassend folgert das Gericht aus den Einschätzungen der zitierten Auskunftsstellen, daß politische Verfolgung für Mitglieder der OLF nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen ist. Insbesondere schließt auch das Auswärtige Amt (Auskunft vom 3.11.1997 an das VG München) eine staatliche Verfolgung zurückkehrender Aktivisten nicht mehr aus. Zu diesem Personenkreis gehört der Kläger, der sich nach seinen glaubwürdigen Angaben in der mündlichen Verhandlung auch in der Bundesrepublik aktiv für die Sache der Oromos einsetzt. Der Kläger ist daher bei einer Rückkehr nach Äthiopien nicht vor einer erneuten asylrelevanten Festnahme hinreichend sicher.

Es kann nicht festgestellt werden, daß das Asylrecht des Klägers wegen Unterstützung des Terrorismus ausgeschlossen ist. Anhaltspunkte für eigene terroristische Aktivitäten vor seiner Ausreise aus Äthiopien gibt es nicht. Zwar ist es nicht auszuschließend, daß die Beiträge des Klägers an die OLF auf irgendeine Weise dem bewaffneten Kampf, der von Teilen der OLF in Äthiopien geführt wird, zugute kommt. Der bewaffnete Kampf wird aber nur von Teilen der OLF geführt, wobei auch nicht festgestellt werden kann, ob dabei terroristische Mittel eingesetzt werden.