OVG Nordrhein-Westfalen

Merkliste
Zitieren als:
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.05.1998 - 21 A 571/96.A - asyl.net:
https://www.asyl.net/rsdb/13556
Leitsatz:
Schlagwörter: Sri Lanka, Tamilen, Abschiebungsschutz, Situation bei Rückkehr, Nachfluchtgründe, Objektive Nachfluchtgründe, Gruppenverfolgung, Bürgerkrieg, Haft, LTTE, Verdacht der Mitgliedschaft, Terrorismusbekämpfung, Alter, Mittelbare Verfolgung, Verfolgung durch Dritte, Verfolgungsdichte, Verfolgungsprogramm, Abschiebungshindernis, Berufung
Normen: GG Art. 16a; AuslG § 51 Abs. 1
Auszüge:

Im Großraum Colombo und - in geminderter Weise - in den sonstigen Bereichen des Südens und Westens Sri Lankas drohen Tamilen zwar Beeinträchtigungen. Diese erreichen aber weiterhin nicht die Eingriffsintensität, die für eine asylerhebliche Rechtsgutbeeinträchtigung erforderlich ist, oder es mangelt ihnen an der notwendigen Gerichtetheit oder sie sind dem Staat nicht zuzurechnen; soweit diese einer Asylberechtigung entgegenstehenden Gesichtspunkte nicht eingreifen, fehlt es an der Verfolgungsdichte.

Für Angehörige der tamilischen Volksgruppe besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, einer Identitätsfeststellung unterzogen und zu diesem Zweck eventuell verhaftet zu werden.

Ob die vorbezeichneten Maßnahmen wegen der Pauschalität ihrer Anknüpfung aus der grundsätzlich nicht asylerheblichen Terrorismusabwehr ausscheiden, mag dahinstehen; jedenfalls fehlt es ihnen an der erforderlichen Eingriffsintensität von Akten der politischen Verfolgung auch, soweit sie in Inhaftierungen münden, die - wie in der weit überwiegenden Zahl - nur kurze Zeit dauern und bei denen es zu keinen anderweitigen asylerheblichen Rechtsgutverletzungen kommt.

Soweit die Haft länger dauert als zur Identifizierung und Klärung des Aufenthaltsgrundes erforderlich, liegen regelmäßig Verdachtsmomente für das Wissen um oder die Unterstützung von LTTE-Aktivitäten und damit Anknüpfungspunkte nach den Notstandsgesetzen zugrunde.

Für tamilische Frauen sowie männliche Tamilen im Kindesalter und ab 40 Jahren ist eine reale Möglichkeit, Opfer von Übergriffen zu werden, nicht anzunehmen; für diesen Personenkreis ist daher auch unter diesem Aspekt die hinreichende Sicherheit vor politischer Verfolgung gegeben. Betroffene von Übergriffen der Sicherheitskräfte im Großraum Colombo, wo im Jahr 1995 bis zu 40 Personen nach Festnahme gefoltert und ermordet aufgefunden wurden, waren Männer und zwar, soweit in den Auskünften differenziert ist, junge Männer. Daß dieser Personenkreis in nahezu ausschließlicher, jedenfalls aber eindeutig hervorgehobener Weise den folgenschweren Zugriffen der Sicherheitskräfte unterliegt, wird durch die Berichte über Festnahmen und Verschwinden nach der Erlangung der Gebietsgewalt auf der Jaffna-Halbinsel durch die staatlichen srilankischen Kräfte bestätigt. Für die jungen Männer kann daher angesichts der nicht faßbaren Kriterien der Sicherheitskräfte eine reale Möglichkeit eines Zugriffs der Sicherheitskräfte, der in politische Verfolgung übergehen kann, nicht ausgeschlossen werden, ohne daß sich diese Möglichkeit allerdings zur beachtlichen Wahrscheinlichkeit verdichtet.