VG Arnsberg

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Zitieren als:
VG Arnsberg, Urteil vom 28.01.1998 - 1 K 7169/94.A - asyl.net:
https://www.asyl.net/rsdb/13422
Leitsatz:
Schlagwörter: Guinea, Fulbe, Union des Etudiants pour la Démocratie, UED, Glaubwürdigkeit
Normen: GG Art. 16a
Auszüge:

Der Kläger hat einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter und auf Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG durch die Beklagte, denn er ist politisch Verfolgter.

Der Kläger hat von Beginn des Asylverfahrens an kontinuierlich und im wesentlichen widerspruchsfrei erklärt, daß er aktives Mitglied der Studentenorganisation UED und deren "Chefredakteur" gewesen sei, daß am 18. Dezember 1993 zwei andere, namentlich bekannte Mitglieder der UED verhaftet worden und nachher verstorben seien und daß schließlich die Sicherheitskräfte nach ihm gesucht hätten. Die Angaben des Klägers waren auch nicht von vornherein so unsubstantiiert und detailarm, daß sie nicht als glaubhaft angesehen werden könnten.

Auch die vom Gericht eingeholten Auskünfte stellen die Glaubhaftigkeit des Vortrags des Klägers nicht in Frage. Zwar war weder dem Institut für Afrika-Kunde, noch dem Auswärtigen Amt noch amnesty international die Organisation UED bekannt. Dies ist jedoch im Hinblick darauf, daß es sich nur um eine kleine Gruppe handelte, die im wesentlichen innerhalb der Universität tätig war, nicht verwunderlich. Auch war den genannten Stellen nicht bekannt, daß es am 18. Dezember 1993 zu der vom Kläger geschilderten Kundgebung und den anschließenden Ausschreitungen gekommen ist. Dies ist jedoch kein Beweis dafür, daß die Kundgebung nicht stattgefunden hat. Es ist vielmehr durchaus denkbar, daß die politischen Parteien noch am Vortag der Präsidentschaftswahlen Wahlkampfveranstaltungen abgehalten haben. Nach den dem Gericht vorliegenden allgemeinen Auskünften ist es auch durchaus denkbar, daß es im Anschluß daran zu Unruhen und Ausschreitungen und Verwüstung von Wahllokalen gekommen ist. Insoweit kann auf die Auskunft des Instituts für Afrika-Kunde vom 22. Mai 1997 und die von dort übersandten Presseberichte verwiesen werden. Insbesondere in dem Bericht der Financial Times vom 20. Dezember 1993 ist die Rede davon, daß Wahllokale u.a. im Stadtteil Hafia zerstört worden sind. Auch wenn Zweifel am Vorbringen des Klägers nicht völlig auszuschließen sind, ist das Gericht letztlich gleichwohl zur Überzeugung gelangt, daß auch das weitere Vorbringen des Klägers, die beiden weiteren Mitglieder der Gruppe seien im Gewahrsam der Sicherheitskräfte ums Leben gekommen und auch nach ihm selbst sei gesucht worden, der Wahrheit entspricht.

Für den demnach als vorverfolgt anzusehenden Kläger kann nicht festgestellt werden, daß er heute im Falle einer Rückkehr nach Guinea vor einer erneuten Verfolgung hinreichend sicher wäre. Zwar erklärt das Auswärtige Amt in seiner Auskunft vom 25. August 1997, daß zum heutigen Zeitpunkt eine Gefährdung des Klägers wegen seiner angeblichen Teilnahme an einer über drei Jahre zurückliegenden Demonstration mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne. Es ist auch in der Tat zweifelhaft, ob die guineischen Behörden auch heute noch mehr als vier Jahre nach den fraglichen Vorkommnissen Interesse daran haben, des Klägers habhaft zu werden, zumal dieser in der Zwischenzeit in keiner Weise politisch tätig gewesen ist. Andererseits ist es nicht mit dem notwendigen Maß an Sicherheit auszuschließen, daß die guineischen Behörden weiterhin ein Interesse an der Verfolgung des Klägers haben, weil dieser nicht nur einfach an einer Demonstration teilgenommen und dort Flugblätter verteilt hat, sondern darüber hinaus auch innerhalb der Universität in Opposition zur guineischen Regierung tätig geworden ist. Es ist immerhin denkbar, daß die guineischen Behörden ein besonderes Augenmerk auf oppositionelle Intellektuelle haben, da diese als zukünftige potentielle Oppositionsführer angesehen werden könnten und weil es an den Universitäten in der Vergangenheit und vor allem in Conakry zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Studenten und Sicherheitskräften gekommen war. Weiter ist zu berücksichtigen, daß es in Guinea weiterhin regelmäßig zu Übergriffen gegen Oppositionelle kommt.