Handreichung der Diakonie: Vorgehen gegen reduzierte Leistungen in Sammelunterkünften

Im November hatte das BVerwG eine 2019 im AsylbLG eingefügte Regelung, wonach alleinstehende Personen in Sammelunterkünften reduzierte Leistungen erhalten, für verfassungswidrig erklärt. Die Diakonie hat eine Handreichung erstellt in der dargestellt wird in welchen Fällen auch rückwirkend gegen Leistungsbescheide vorgegangen werden kann.

Mit Entscheidung vom 19. November 2022 hat das Bundesverfassungsgericht die umstrittene Regelung des § 2 Abs. 1 S. 4 Nr. 1 AsylbLG, wonach alleinstehende Personen in Sammelunterkünften reduzierte Leistungen erhalten, für verfassungswidrig befunden (siehe asyl.net Meldung vom 24.11.2022).

Mit der 2019 in das AsylbLG eingefügten Regelung waren alleinstehende sowie alleinerziehende Personen in Sammelunterkünften vom Regelsatz 1 (der sonst alleinstehenden erwachsenen Personen zusteht) auf den Regelsatz 2 (der für Ehepartner*innen vorgesehen ist) herabgestuft worden.

Durch dieses Urteil muss in den entsprechenden Fällen künftig die Regelbedarfsstufe 1 gewährt werden. Rückwirkend ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts dagegen nur dann anzuwenden, wenn die Leistungsbescheide bislang nicht bestandskräftig geworden sind. Um dies festzustellen, muss die Rechtsbehelfsfrist ermittelt werden. Hierfür muss bestimmt werden, wann der Verwaltungsakt ergangen ist, welcher Rechtsbehelf einschlägig ist und welche Leistungszeiträume hierdurch erfasst werden.

Die Handreichung der Diakonie enthält dementsprechend insbesondere Ausführungen zu:

  • dem Zeitpunkt in dem ein Verwaltungsakt als erlassen gilt, wenn dieser durch Auszahlung der Leistungen anstatt durch Bescheid erging;
  • dem Zeitpunkt in dem ein Verwaltungsakt bestandskräftig wird, je nachdem ob und welcher Rechtsbehelf eingelegt wurde;
  • die Berechnung der Widerspruchsfrist;
  • dem Zeitraum auf den der Anspruch auf rückwirkende Bewilligung beschränkt ist.

Zudem sind in der Handreichung Beispiele aufgeführt, die verschiedene Konstellationen darstellen und Hinweise zum Vorgehen für die Beratungspraxis enthalten.

Auch wird empfohlen gegen die Leistungsreduzierung in den ersten Monaten des Aufenthalts vorzugehen. Die BVerfG-Entscheidung betrifft zwar nur die Reduzierung der sogenannten Analogleistungen, die Betroffene nach 18 Monaten Aufenthalt in Deutschland erhalten, laut Diakonie-Arbeitshilfe dürfte die 2019 parallel eingeführte Regelung in § 3a Abs. 1 Nr. 2 Bst. b AsylbLG für die ersten Monate des Aufenthalts, die nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht war, jedoch auch als verfassungswidrig einzustufen sein.

Schließlich werden in der Handreichung Anwält*innen aufgeführt, die in entsprechenden Verfahren die Vertretung übernehmen können.

Zusätzlich zur Handreichung werden Musterschreiben für Überprüfungsanträge und Widerspruchsanträge zur Verfügung gestellt.