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Wohlfahrtsverbände fordern unabhängige Verfahrensberatung

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) hat ihre Forderung wiederholt, bundesweit eine von den Behörden unabhängige Asylverfahrensberatung zu etablieren. Anlass der erneuten Positionierung ist eine Änderung des Asylgesetzes, die in der vergangenen Woche im Bundestag beschlossen wurde. Nach Ansicht der Verbände wird durch diese Änderung die Unabhängigkeit der Beratung nicht gewährleistet.

Bereits im Koalitionsvertrag vom März 2018 war vorgesehen, dass eine flächendeckende unabhängige Asylverfahrensberatung in den Erstaufnahmeeinrichtungen für Asylsuchende geschaffen werden soll. Trotz dieses Vorlaufs wurde die gesetzliche Regelung nun aber extrem kurzfristig durch einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen in das Zweite Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht ("Geordnete-Rückkehr-Gesetz") aufgenommen – lediglich drei Tage vor der Verabschiedung des Gesetzes im Bundestag.

Im neu eingefügten Paragraphen 12a im Asylgesetz soll nun eine "für die Asylsuchenden freiwillige, unabhängige staatliche Asylverfahrensberatung" geschaffen werden. Für diese Asylverfahrensberatung ist ein zweistufiges Verfahren vorgesehen:

  1. Zunächst sollen allen Asylsuchenden vor Antragstellung in Gruppengesprächen Informationen zum Ablauf des Asylverfahrens sowie zu Rückkehrmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Diese Gruppengespräche übernimmt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF).
  2. Zu einem späteren Zeitpunkt sollen alle Asylsuchenden in Einzelgesprächen eine individuelle Asylverfahrensberatung erhalten, die durch das BAMF "oder" durch Wohlfahrtsverbände durchgeführt werden soll.

In ihrer Stellungnahme vom 4. Juni 2019 (Link unten) weist die BAGFW darauf hin, dass im Jahr 2017 in drei Ankunftszentren ein Pilotprojekt "Asylverfahrensberatung" vom BAMF gemeinsam mit der Diakonie Deutschland, dem Deutschen Caritasverband und dem Deutschen Roten Kreuz durchgeführt wurde. Dabei sei eine unabhängige individuelle Asylverfahrensberatung erprobt worden. Die Evaluation dieses Projekts, die vom Bundesministerium des Innern bisher nicht veröffentlicht wurde, sei unter anderem zu dem Ergebnis gekommen, dass eine unabhängige Asylverfahrensberatung die Qualität der Entscheidungen verbessern könne. Dies könne auch zu einer Entlastung der Verwaltungsgerichte beitragen.

Seit August 2018 führt das BAMF nun allerdings ein eigenes Projekt durch, bei dem Mitarbeitende des BAMF an verschiedenen Standorten in Gruppengesprächen über das Asylverfahren informierten und auf Wunsch auch individuelle Termine mit Asylsuchenden vereinbaren könnten. Hierbei finde jedoch ausdrücklich keine Beratung in Bezug auf die individuellen Fluchtgründe und keine Rechtsberatung statt. Obwohl dieses Projekt noch nicht evaluiert worden sei, sei es nun zur Grundlage für das neue Gesetz geworden.

Laut den Wohlfahrtsverbänden können die allgemeinen Informationen zum Verfahren (die geplante erste Stufe der Beratung) durch das BAMF vermittelt werden. Sie wenden sich aber dagegen, dass auch die individuelle Beratung (zweite Stufe) durch das BAMF durchgeführt wird. Für Schutzsuchende sei es wichtig, dass sie Informationen nicht allein von Behörden erhielten, da sie in ihren Herkunftsländern häufig negative Erfahrungen mit staatlichen Stellen gemacht hätten. Um die Fluchtgründe vollständig darlegen zu können, sei das Vertrauen in die Unabhängigkeit der Beratung wichtig. Eine unabhängige individuelle Beratung, die auch rechtliche Fragen einschließe, sei zudem notwendig, damit Asylsuchende einschätzen könnten, welche Informationen im Rahmen ihres Asylantrags relevant sind und welche Aussichten der Asylantrag habe. Damit diene die Beratung auch dem Verständnis sowie der Akzeptanz einer möglichen negativen Entscheidung im Asylverfahren. Aus diesen Gründen sei eine klar erkennbare institutionelle, personelle und räumliche Trennung der unabhängigen Asylverfahrensberatung von staatlichen Stellen notwendig.

Das Gesetz wird noch im Bundesrat behandelt, wobei dieser Vorgang von einem Streit überlagert wird, ob es zustimmungspflichtig ist oder nicht (siehe hierzu die Meldung von berlin-hilft vom 7.6.2019). Eine Reihe von Bundesländern hatten bereits im Gesetzgebungsverfahren signalisiert, dass sie verschiedene Elemente des "Geordnete-Rückkehr-Gesetzes" ablehnen. Der Rechtsausschuss des Bundesrates hat nun am 13.6.2019 dem Plenum empfohlen, den Vermittlungsausschuss anzurufen (Meldung der Rheinischen Post vom 13.6.2019). 

 


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