Auszüge:
Als Bürger:innen- und Menschenrechtsrechtsorganisationen sowie als juristische Berufsvertretungen wenden wir uns mit Nachdruck gegen die Infragestellung rechtsstaatlicher Mechanismen in diesem Bundestagswahlkampf. […] Im Zuge einer radikalisierten Migrationspolitik, die durch den Aufstieg der AfD in den Wahlumfragen begünstigt wird, werden das Recht an sich und die Institutionen des Rechtsstaats, allen voran die Gerichte und die Rechtsanwaltschaft, auch von demokratischen Parteien offen in Zweifel gezogen. […]
Gegen die Einhaltung des gesetzten Rechts wird von Politiker:innen und in Teilen der Medien das Argument vorgebracht, das Recht dürfe nicht gegen „den Willen des Volkes stehen“. Falls es dies tue, müsse es verändert werden. Aber erstens geht es bei den allermeisten rechtlichen Aspekten, die aktuell infrage gestellt werden, nicht um einfaches Gesetzesrecht. Stattdessen geht es um Grund- und Menschenrechte, internationale und europäische Verträge oder um die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit an sich. Richtig ist, dass das Recht immer das Ergebnis von gesellschaftlichen Aushandlungsprozessen ist. Aber unteilbare Grund- und Menschenrechte dürfen in politischen Verhandlungen nicht zur Disposition stehen. […] Zweitens sind diese Rechtsgrundlagen gerade in Deutschland das Ergebnis der historischen Erfahrungen aus zwei Weltkriegen und der NS-Herrschaft. Sie sind ein Teil der Aufarbeitung von Vergangenheit, die nichts an ihrer Gültigkeit verloren hat. Dazu zählt vor allem die Unteilbarkeit der menschlichen Würde und die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz, auch unabhängig von ihrer Herkunft. Und drittens geht die Gegenüberstellung von Demokratie und Recht implizit von einer „vollständigen“ Demokratie aus, in der die Interessen aller repräsentiert werden. Aber in unseren aktuellen demokratischen Verfahren sind Armutsbetroffene, die Mehrzahl der Lohnabhängigen, migrantische Personen ohne europäische Staatsbürgerschaft und solche diverser sexueller Orientierung viel zu oft ausgeschlossen. […]
Unterzeichnende Organisationen:
- Humanistische Union (HU)
- Komitee für Grundrechte und Demokratie
- Neue Richtervereinigung (NRV)
- Postmigrantischer Jurist*innenbund
- Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV)
- Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen (VDJ)