Auf Bundesebene hat das Auswärtige Amt mit dem Bundesministerium des Innern ein Verfahren abgestimmt, das die Möglichkeiten der Einreise für türkische und syrische Staatsangehörige unter erleichterten Bedingungen ermöglichen soll.
Visaerleichterungen für türkische Staatsangehörige
Für türkische Staatsangehörige können unter vereinfachten Bedingungen Schengen-Visa (Besuchsvisa) mit einer Gültigkeit von 90 Tagen ausgestellt werden.
- Es muss eine nachvollziehbare individuelle besondere Betroffenheit vom Erdbeben vorliegen (z.B. drohende Obdachlosigkeit oder behandlungsbedürftige Verletzungen).
- Die Erleichterungen gelten nur für Angehörige 1. oder 2. Grades (Ehepartner/-partnerin, Eltern, Kinder, Großeltern, Enkelkinder, Geschwister) von deutschen Staatsangehörigen oder von einer Person mit einem dauerhaften deutschen Aufenthaltstitel.
- Das Familienmitglied in Deutschland hat eine Verpflichtungserklärung nach §§ 66 bis 68 Aufenthaltsgesetz abgegeben (Verpflichtung, für Lebensunterhalt, Unterbringung, die Versorgung im Krankheitsfall sowie im Fall der Aufenthaltsbeendigung auch für die Kosten der Abschiebung aufzukommen). Diese Verpflichtungserklärung ist in der Regel auf einem dafür vorgesehenen Formular direkt bei der Ausländerbehörde des Wohnortes der Person abzugeben, welche die Einladung ausspricht.
- Die Opfer des Erdbebens müssen zum Zeitpunkt des Erdbebens ihren Wohnsitz in einer der betroffenen Provinzen gehabt haben.
Für die Beantragung der Visa sind eine Reihe von Unterlagen notwendig (u.a. Nachweis der Krankenversicherung, biometrisches Foto, Wohnsitznachweis mit Historie, Verwandschaftsnachweis). Informationen über die vorzulegenden Unterlagen sind auf der Webseite der deutschen Auslandsvertretungen in der Türkei auch in türkischer Sprache zu finden.
Bei Personen, die durch das Erdbeben ihre Reisedokumente verloren haben, soll es eine Abstimmung mit den türkischen Behörden geben, damit die Betroffenen ausreisen können. Das Auswärtige Amt weist darauf hin, dass es hierfür zur Zeit keine Sonderrregelung gibt, daher sei die Kooperation mit türkischen Behörden in diesen Fällen unerlässlich.
Verfahrenserleichterungen beim Familiennachzug für syrische Antragstellende
Für syrische Staatsangehörige, die vom Erdbeben betroffen sind, ist die Erteilung von Schengen-Visa (Besuchsvisa) nicht vorgesehen. Verbessert werden sollen lediglich die Verfahren von Personen, die im Rahmen eines Familiennachzugsverfahrens für einen dauerhaften Aufenthalt nach Deutschland einreisen wollen:
- Für Personen, die Anspruch auf Familienzusammenführung zu in Deutschland lebenden Verwandten haben, sollen die Abläufe verbessert werden. Sie sollen bevorzugt Termine für ihre Visaanträge erhalten. Bei den Auslandsvertretungen in Beirut, Amman und Istanbul sollen insbesondere mehr Termine für den Familiennachzug zu subsidiär schutzberechtigten Personen vergeben werden.
- Beim Ehegattennachzug kann auf den Nachweis einfacher Kenntnisse der deutschen Sprache verzichtet werden, wenn die Vorlage eines entsprechenden Nachweises unmöglich oder unzumutbar ist.
Nähere Informationen sind u.a. zu finden auf der Seite des Auswärtigen Amtes (Link siehe unten).
Verfahren der "Globalzustimmung" durch die Bundesländer
Auf Länderebene hat Berlin als erstes Bundesland eine Verfahrenserleichterung für den Familiennachzug eingeführt: So hat die Berliner Senatsverwaltung für Inneres, Digitalisierung und Sport am 10.02.2023 eine sogenannte Globalzustimmung für die Erteilung von Visa zur Familienzusammenführung erlassen. Aufgrund dieser Globalzustimmungen gelten folgende Erleichterungen:
- Die in den Visaverfahren eigentlich erforderliche Beteiligung des Landesamtes für Einwanderung entfällt, die deutschen Auslandsvertretungen können also Visa ausstellen, ohne die Zustimmung des Landesamts abwarten zu müssen.
- Auf den Nachweis von Deutschkenntnissen wird verzichtet, die Betroffenen müssen also keine entsprechenden Nachweise vorlegen.
- Die Globalzustimmung gilt für alle bereits vor dem Erdbeben eingeleiteten Visaverfahren zur Familienzusammenführung, wenn die Familienangehörigen aus der Erdbebenregion stammen.
- Die Globalzustimmung ist vorerst bis zum 31.7.2023 befristet, d.h. sie gilt auch für alle bis zu diesem Datum eingereichten neuen Anträge zur Familienzusammenführung.
- Die Globalzustimmung ist nicht auf die Einreise von türkischen oder syrischen Staatsangehörigen beschränkt, sie ist also auch anwendbar auf Opfer des Erdbebens mit einer anderen Staatsangehörigkeit.
Nicht alle vom Erdbeben betroffenen Personen, die zu ihren in Berlin lebenden Familienangehörigen ziehen wollen, sind von der Globalzustimmung erfasst. Begünstigt wird vielmehr ein bestimmter Personenkreis, der diese Voraussetzungen erfüllen muss:
- Betroffene müssen sich am 6.2.2023 in den betroffenen Gebieten aufgehalten haben (Türkei: Provinzen Kahramanmaraş, Gaziantep, Hatay, Adana, Malatya, Diyarbakir, Şanliurfa, Adiyaman, Kilis, Elazig, Osmaniye; Syrien: Gouvernements Idlib, Aleppo, Latakia, Hama, Tartus).
- Betroffene müssen zur Kernfamilie (Ehegatten, Eltern von Minderjährigen und minderjährige ledige Kinder) einer in Berlin wohnhaften Person gehören.
- Die in Berlin lebende Person muss die deutsche Staatsangehörigkeit oder einen unbefristeten Aufenthaltstitel (Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU) besitzen.
Die Bundesregierung hat nach eigener Aussage die Bundesländer auf die Möglichkeit hingewiesen, eine Globalzustimmung auszusprechen und damit dem Beispiel Berlins zu folgen.
Weitere Informationen zur Berliner Globalzustimmung sind auf Deutsch und Türkisch zu finden auf der Seite des Berliner Landesamts für Einwanderung unter Aktuelles/Beschleunigte Visaverfahren für Betroffene aus dem Erdbebengebiet (Meldung vom 13.2.2023, Update vom 27.2.23).
Das Land Schleswig-Holstein hat ebenfalls eine Globalzustimmung erteilt, die ähnliche Voraussetzungen wie die Berliner Regelung enthält. Allerdings ist laut einer Mitteilung der Landesregierung Schleswig-Holstein für die Betroffenen nur die Erteilung von Schengen-Visa (Besuchsvisa) für den maximal 90-tägigen Aufenthalt vorgesehen. Nähere Informationen hierzu sind zu finden auf der Seite des Integrationsministeriums Schleswig-Holstein (Meldung zuletzt aktualisiert am 24.2.2023).