BVerwG zur Auswertung der Handydaten von Asylsuchenden

Die Auswertung digitaler Datenträger durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ist nicht zulässig, wenn andere Dokumente oder Erkenntnisse zur Identitätsklärung vorliegen. Das pauschale Auslesen von Handydaten ist somit rechtswidrig. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigt damit ein Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom Juni 2021.

Das BVerwG hat am 16. Februar 2023 entschieden, dass die regelmäßig erfolgende Auswertung digitaler Datenträger durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ohne Berücksichtigung sonstiger vorliegender Erkenntnisse und Dokumente rechtswidrig ist.

Geklagt hatte eine afghanische Asylantragstellerin, die 2019 nach Deutschland eingereist war. Sie konnte zwar keinen gültigen Pass bei der Asylantragstellung vorlegen, allerdings eine Tazkira (afghanischer Personalausweis) sowie eine Heiratsurkunde. Sie wurde dennoch vom BAMF aufgefordert, ihr Mobiltelefon herauszugeben und die Zugangsdaten mitzuteilen. Dieser Aufforderung kam die Antragstellerin auch nach.

Auf ihre Klage gegen diese Maßnahme hatte das Verwaltungsgericht Berlin am 1. Juni 2021 (asyl.net: M29743) festgestellt, dass die Auswertung eines Mobiltelefons durch das BAMF zur Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit einer asylsuchenden Person im Sinne des § 15 Abs. 2 Nr. 6 AsylG einen Eingriff in das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme darstelle. Zwar sei die Maßnahme geeignet, um Indizien zur Identität und Staatsangehörigkeit zu erhalten. Sie stelle sich aufgrund des Grundrechtseingriffs jedoch als unverhältnismäßig dar. Maßnahmen wie die Auswertung eingereichter Unterlagen, die Durchführung von Registerabgleichen, Abfragen anderer Behörden oder Nachfragen bei der sprachmittelnden Person nach Sprachauffälligkeiten stellten mildere Mittel dar.

Zur aktuellen Entscheidung des BVerwG liegt bislang nur die Pressemitteilung des Gerichts vor: Demnach wurde die Revision des BAMF gegen das Urteil des VG Berlin zurückgewiesen. Die Auswertung digitaler Datenträger zur Ermittlung von Identität und Staatsangehörigkeit einer asylantragstellenden Person sei erst zulässig, wenn der Zweck der Maßnahme nicht durch mildere Mittel erreicht werden könne. Im Fall der Klägerin stünden mildere und damit vom BAMF vorrangig heranzuziehende Mittel (hier: Tazkira, Heiratsurkunde, Registerabgleiche und Nachfrage beim Sprachmittler zu sprachlichen Auffälligkeiten) zur Gewinnung weiterer Indizien zur Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit zur Verfügung. Damit erweise sich die an die Klägerin gerichtete Aufforderung, ihre Zugangsdaten für die Auswertung ihres Mobiltelefons mitzuteilen, als unverhältnismäßig und deshalb rechtswidrig. Entsprechendes gelte für die Auswertung des Datenträgers.


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