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BAMF lässt Wohnsitzregelung für Schutzberechtigte evaluieren

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat mitgeteilt, dass es ein Forschungsprojekt zur Evaluierung der Wohnsitzregelung nach § 12a AufenthG fördern will. Bis zum 31. März 2021 können Forschungs- und Beratungseinrichtungen Interessensbekundungen beim Amt einreichen.

Laut der im Jahr 2016 geschaffenen Wohnsitzregelung nach § 12a des Aufenthaltgesetzes sind schutzberechtigte Personen grundsätzlich verpflichtet, nach der Anerkennung für drei Jahre in dem Bundesland zu wohnen, in dem ihr Asylverfahren durchgeführt wurde. Die Regelung betrifft Personen, die als asylberechtigt, als Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention oder als subsidiär Schutzberechtigte anerkannt wurden oder bei denen ein Abschiebungsverbot festgestellt wurde. Ferner betroffen sind Personen, die aus dem Ausland aufgenommen wurden (gemäß § 22 oder § 23 AufenthG).

Die Behörden können diesen Gruppen zudem einen Wohnort innerhalb des Bundeslandes zuweisen oder umgekehrt bestimmen, dass die Wohnsitznahme an einem Ort nicht erlaubt ist. Von diesen weitergehenden Bestimmungen haben die Bundesländer in sehr unterschiedlichem Maß Gebrauch gemacht: Während einige Länder die schutzberechtigten Personen nach Verteilungsschlüsseln einzelnen Gemeinden zuweisen, lassen andere die Wohnsitznahme im gesamten Bundesland zu (vgl. hierzu die Übersicht von Melina Lehrian im unten verlinkten Themenschwerpunkt). Das Gesetz sieht verschiedene Ausnahmen von der Wohnsitzverpflichtung vor, z.B. wenn eine betroffene Person an einem anderen Ort einen Arbeits-, Ausbildungs- oder Studienplatz findet.

Die Regelung soll laut der Gesetzesbegründung des Jahres 2016 "integrationshemmenden Segregationstendenzen entgegenwirken" – es soll also vermieden werden, dass Geflüchtete nach dem (erfolgreichen) Abschluss des Asylverfahrens an einzelnen Orten größere "Communities" bilden. Die Verteilung der Betroffenen auf viele Orte soll demgegenüber die Versorgung mit Wohnraum sicherstellen und zudem die Integration fördern, die unter Berücksichtigung der jeweiligen lokalen Gegebenheiten besser gelingen könne.

Schon im Gesetzgebungsverfahren war umstritten, ob die Wohnsitzregelung geeignet ist, um die behauptete integrationsfördernde Wirkung zu erzielen. Daneben bestehen rechtliche Bedenken, da verschiedene Gerichte in der Vergangenheit geurteilt hatten, dass Wohnsitzverpflichtungen nicht allein mit dem Argument des "Lastenausgleichs" gerechtfertigt werden können (vgl. hierzu die Stellungnahmen verschiedener Organisationen, unten verlinkt unter "Siehe auch"). Mit Bezug auf die Wohnsitzverpflichtung nach § 12a AufenthG ist bislang allerdings noch keine höchstgerichtliche Klärung dieser Frage erfolgt.

Die ursprünglich im "Integrationsgesetz" im Jahr 2016 eingeführte Regelung war mit Blick auf die seinerzeit stark gestiegenen Zahlen von Flüchtlingsanerkennungen, aber auch vor dem Hintergrund der genannten Bedenken auf drei Jahre befristet worden. Im Koalitionsvertrag vom März 2018 hatten sich CDU/CSU und SPD dann darauf verständigt, die Regelung "zeitnah" zu evaluieren. Obwohl diese Evaluierung seinerzeit nicht erfolgte, wurde die Wohnsitzregelung schließlich im Juli 2019 mit dem "Gesetz zur Entfristung des Integrationsgesetzes" dauerhaft im AufenthG festgeschrieben. Dieses Gesetz wurde als Teil des sogenannten "Migrationspakets" verabschiedet.

In die Begründung des Gesetzes von 2019 wurde eine erneute Ankündigung aufgenommen, wonach die Bundesregierung innerhalb von drei Jahren eine Evaluierung der Regelung durchführen soll. Die Fragestellungen, die in der Gesetzesbegründung genannt wurden, wurden nun in die Ausschreibung des BAMF übernommen. Demnach soll im Rahmen der Evaluation Folgendes untersucht werden:

  • Inwieweit erleichtert die Wohnsitzregelung, die Betroffenen mit angemessenem Wohnraum zu versorgen, Kenntnisse der deutschen Sprache zu erwerben, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen sowie soziale und gesellschaftliche Ausgrenzung zu vermeiden?
  • Bietet die Härtefallregelung der Norm (§ 12a Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 AufenthG) hinreichenden Schutz für Personen, die von Gewalt betroffen oder bedroht sind?

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung hatte in einer im Januar 2020 veröffentlichten Studie festgestellt, dass die Chancen auf Arbeitsmarktintegration durch Wohnsitzauflagen reduziert werden. Die Studie basierte auf der Auswertung von Daten der regelmäßig durchgeführten IAB-BAMF-SOEP-Befragung. Demnach war die Beschäftigungswahrscheinlichkeit bei Personen, denen zum Zeitpunkt der Befragung ein bestimmter Wohnort zugewiesen worden war, um 6 % geringer als bei Personen, für die das nicht zutraf. Darüber hinaus zeigte die Studie, dass Wohnsitzauflagen auch keinen positiven Effekt auf die Unterbringungssituation hatten. Vielmehr wohnten Personen mit Wohnsitzauflagen häufiger in Gemeinschaftsunterkünften als Personen, die den Wohnort selbst wählen durften.

Interessensbekundungen können bis zum 31. März 2021 abgegeben werden von Forschungs- und Beratungseinrichtungen mit nachgewiesener einschlägiger Expertise. Gemeinsame Interessensbekundungen von mehreren Forschungs- und Beratungseinrichtungen sind möglich. Weitere Informationen sind zu finden auf der Homepage des BAMF unter dem unten angegebenen Link.


Hinweis

Aufgrund vielfältiger Gesetzesänderungen können einzelne Arbeitshilfen in Teilen nicht mehr aktuell sein. Wir bemühen uns, so schnell wie möglich eine aktualisierte Version zu verlinken. Bis dahin bitten wir Sie, auf das Datum der Publikation zu achten und zu überprüfen, ob die Informationen noch korrekt sind.

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