Ampelkoalition strebt in vielen Bereichen der Menschenrechtspolitik Veränderungen an

Stellungnahme von Amnesty International zum Koalitionsvertrag, 7. Dezember 2021

Amnesty, Stellungnahme Koalitionsvertrag Dezember 2021

Auszug aus der Stellungnahme (S. 8–9):

Flucht und Migration

  • Der Koalitionsvertrag lässt nach einer langen Zeit des Stillstands und der Verschlechterungen in diesem Bereich einige Verbesserungen erkennen. Amnesty International sieht hier die Chance für einen Neuanfang in der Flüchtlingspolitik. Endlich soll der Familiennachzug für subsidiär geschützte Menschen dem für anerkannte Flüchtlinge gleichgestellt und zudem beschleunigt werden. Amnesty erwartet, dass der genannte Nachzug minderjähriger Geschwister zu ihren Familien in Deutschland nun auch rechtlich robust verankert wird. Begrüßenswert ist auch die vereinbarte Verstärkung des Resettlements anhand der vom UNHCR gemeldeten Bedarfe. Hier bleibt der Umfang abzuwarten.
  • Amnesty International begrüßt außerdem, dass künftig die Widerrufsprüfung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nur noch anlassbezogen erfolgen und eine flächendeckende behördenunabhängige Asylverfahrensberatung eingeführt werden soll. Es ist ein wichtiger Schritt für die Rechte von Menschen ohne Papiere, dass die Meldepflichten in diesem Bereich so überarbeitet werden sollen, dass Kranke nicht davon abgehalten werden, sich behandeln zu lassen.
  • Ein explizites Bekenntnis dahingehend, dass in aktuelle Kriegs- und Krisengebiete nicht abgeschoben werden soll, lässt der Koalitionsvertrag vermissen. Dass die Koalitionsparteien anstreben, die Zuständigkeit für den Erlass temporärer nationaler Abschiebungsstopps für einzelne Herkunftsländer in die Hände des Bundesinnenministeriums zu legen, ist ein Schritt in die richtige Richtung.
  • Amnesty International kritisiert den Prüfauftrag zur Auslagerung der Asylverfahren an Drittstaaten, da er das Bekenntnis zum Flüchtlingsschutz aufweicht. Gerade angesichts der aktuellen Krise an der polnisch-belarussischen Grenze bedarf es eines eindeutigen Bekenntnisses zum Zugang zu einem individuellen Asylverfahren an den EU-Außengrenzen.
  • Die im Koalitionsvertrag wiederholt genannte Bekämpfung „irregulärer Migration“ verkennt, dass Menschen auf der Flucht per se an den Grenzen der Mitgliedsstaaten zu „irregulären Migrant_innen“ werden. Schutzsuchende und Flüchtlinge dürfen aber selbstverständlich nicht „bekämpft“ werden.
  • Den Bekenntnissen zu einer europäisch getragenen Seenotrettung, zu Beendigungen von Pushbacks und Leid an den EU-Außengrenzen und einer stärkeren Aufnahmebereitschaft Deutschlands und der EU müssen jetzt Taten folgen.

Hinweis

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Thema Familiennachzug