Afghanische Regierung fordert europäische Staaten zur Aussetzung von Abschiebungen auf

Die afghanische Regierung hat mitgeteilt, dass Abschiebungen aus europäischen Staaten für die Dauer von drei Monaten ausgesetzt werden sollen. Darauf wies Amnesty International in einer am heutigen Tag veröffentlichten Nachricht hin. Begründet wird die Aussetzung der Abschiebungen besonders mit der Verschlechterung der Sicherheitslage in Afghanistan.

In der Erklärung des afghanischen Ministeriums für Flüchtlinge und Rückkehr heißt es, dass die Eskalation der Auseinandersetzungen mit den Taliban sowie die Verbreitung von Covid-19 gegenwärtig für ökonomische und soziale Unruhen im Land sorgten. Bevor sich die Sicherheitslage verbessere, sei die Situation für Abschiebungen aus europäischen Staaten "nicht förderlich". Die europäischen Regierungen seien daher in Abstimmung mit weiteren Ministerien offiziell darüber informiert worden, dass Abschiebungen nach Afghanistan ab dem 8. Juli 2021 für die Dauer von drei Monaten auszusetzen seien. Dieser Schritt sei unter Berufung auf die "Gemeinsamen Erklärungen im Bereich Migration" vorgenommen worden, die mit der EU sowie mit verschiedenen europäischen Staaten – darunter Deutschland – verabschiedet wurden. Die sogenannten Gemeinsamen Erklärungen enthalten Rückübernahmeabkommen, in denen insbesondere die Details von Rückführungen aus Europa nach Afghanistan geregelt werden.

Amnesty International fordert vor dem Hintergrund der Mitteilung dazu auf, Rückführungen nach Afghanistan einzustellen. Die europäischen Regierungen hätten seit Jahren die Situation im Land ignoriert und Abschiebungen durchgeführt, obwohl offensichtlich gewesen sei, dass Afghanistan nicht sicher für Rückkehrende sei.

Auf eine deutliche Verschlechterung der Sicherheitslage deuteten zuletzt auch zahlreiche Medienberichte hin. Der Guardian berichtet heute, dass Expert*innen ebenso wie die afghanische Regierung überrascht seien über Ausmaß und Geschwindigkeit des "Zusammenbruchs" der afghanischen Sicherheitskräfte nach dem Abzug der US-geführten internationalen Streitkräfte. Mehr als 1.000 Soldaten hätten sich bereits in Nachbarländer abgesetzt und Hunderte hätten sich mit den Taliban verbündet und diesen ihre Waffen übergeben. Der afghanische Verteidigungsminister rechne damit, dass ihnen Tausende weitere Angehörige der Sicherheitskräfte folgen könnten. Um die Taliban aufzuhalten, habe die Regierung "Warlords" aufgefordert, ihre Milizen zu mobilisieren – also die Milizen, die sich in den 1990er-Jahren häufig auch gegenseitig bekämpft hätten und die die Regierung bis vor wenigen Monaten noch aufzulösen versucht habe.

Berichtet wird in dem Artikel weiterhin über eine Einschätzung US-amerikanischer Geheimdienste, die mittlerweile davon ausgingen, dass die Regierung nach dem Abzug der US-Truppen innerhalb von sechs Monaten vollständig die Kontrolle über das Land, einschließlich der Hauptstadt Kabul, verlieren könnte.


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