Nachrichten-Archiv

EuGH: Grundsatzentscheidung zu Kontrollen im grenznahen Raum

Die Mitgliedstaaten der EU, die dem sog. Schengen-Acquis angehören, dürfen grundsätzlich auch nach dem Wegfall von Grenzkontrollen in einer grenznahen Zone von 20 Kilometern Personenkontrollen durchführen. Dies entschied der Europäische Gerichtshof am 22. Juni 2010 (Aziz Melki, C-188/10 und Sélim Abdeli, C-189/10).

Dem EuGH waren vom französischen Kassationsgerichtshof zwei Fälle vorgelegt worden. Diese betrafen zwei algerische Staatsangehörige, die im März 2010 bei einer Personenkontrolle 20 km von der belgischen Grenze entfernt ohne die notwendigen Papiere aufgegriffen worden waren und seitdem in Gewahrsam festgehalten wurden. Sie hattten gegen ihre Inhaftierung in Frankreich u. a. mit der Begründung geklagt, dass das französische Gesetz, welches die Personenkontrollen im grenznahmen Raum vorsieht, gegen europäisches Recht verstoße. Der Gerichtshof wies dies mit der Begründung zurück, dass es sich bei den fraglichen Kontrollen nicht um Grenzkontrollen, sondern um polizeiliche Maßnahmen gehandelt habe. Dabei stützt sich der EuGH besonders auf Art. 21 des "Schengener Grenzkodex" (Verordnung (EG) 562/2006, Abl. L 105/1 vom 13.4.2006): Demnach bleibt die Ausübung polizeilicher Befugnisse von der Abschaffung der Grenzkontrollen unberührt, "sofern die Ausübung solcher Befugnisse nicht die gleiche Wirkung wie Grenzübertrittskontrollen hat".

Das Urteil des EuGH finden Sie in unserer Rechtsprechungsdatenbank (M17328).