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BVerwG zum Erfordernis einfacher Deutschkenntnisse für den Ehegattennachzug

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich in einem Urteil vom 30.3.2010 (1 C 8.09) erstmals mit dem 2007 in das Aufenthaltsgesetz (AufenthG) eingefügten Spracherfordernis beim Ehegattennachzug befasst und dieses für vereinbar mit dem Grundgesetz und Europarecht erklärt.

In § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG ist als Voraussetzung für einen Anspruch auf Ehegattennachzug zu einem in Deutschland lebenden Ausländer geregelt, dass der aus dem Ausland nachziehende Ehegatte sich auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann. Gefordert werden mündliche und schriftliche Grundkenntnisse der deutschen Sprache, da diese der Integration in Deutschland dienen und Zwangsehen verhindern sollen.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) kommt in der Entscheidung vom 30.3.2010 ausweislich der hierzu veröffentlichten Pressemitteilung zu dem Ergebnis, dass diese Nachzugsvoraussetzung mit der EU-Familienzusammenführungsrichtlinie im Einklang steht und darin auch kein Verstoß gegen das deutsche Grundrecht auf Schutz der Ehe und Familie (Art. 6 GG) liegt. 

Ein Zusammenleben in Deutschland wird nach Ansicht des BVerwG durch diese neue Voraussetzung für eine Visumserteilung regelmäßig nur für einen überschaubaren Zeitraum verhindert. Die Vorschrift sei auch nicht verfassungswidrig, weil sie keine allgemeine Ausnahmeregelung für Härtefälle enthält. Im Einzelfall könne zudem etwa die Erteilung einer vorübergehenden Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Spracherwerbs erteilt werden (§ 16 Abs. 5 AufenthG).

In dem vorliegenden Fall führe die Ablehnung des beantragten Visums der türkischen Ehefrau zu keiner unverhältnismäßigen Belastung. Die Klägerin könne nach Einschätzung des BVerwG in der Türkei die geforderten deutschen Sprachkenntnisse einschließlich einer vorausgehenden Alphabetisierung in etwa einem Jahr erwerben. Außerdem sei es auch zumutbar, dass der Ehemann und Vater der gemeinsamen fünf - zwischen 1994 und 2006 geborenen - Kinder, der seit 1998 in Deutschland lebt, in die Türkei zurückkehrt, um dort mit seiner Familie zu leben.

Die Tatsache, dass Ausländer mit anderer Staatsangehörigkeit solche deutschen Sprachkenntnisse nicht für die Erteilung eines Visums zum Ehegattennachzug vorweisen müssen, verletze die türkische Klägerin auch nicht in Art. 3 Abs. 1 GG. Diese Ungleichbehandlung finde ihre Rechtfertigung in dem Umstand, dass der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich ihrer auswärtigen Beziehungen zu anderen Staaten ein weites außenpolitisches Ermessen zusteht. In diesem Rahmen sei eine aufenthaltsrechtliche Privilegierung von Angehörigen bestimmter Staaten und damit verbundene Erleichterungen beim Ehegattennachzug zulässig.

Zur Pressemitteilung Nr. 19/2010 des BVerwG vom 30.3.2010.

Eine rechtliche Anmerkung von Dr. Klaus Dienelt finden Sie auf den Seiten www.migrationsrecht.net.