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Österreichischer Asylgerichtshof legt dem EuGH Frage zur Zuständigkeitsbestimmung nach "Dublin-II" vor

Der österreichische Asylgerichtshof hat dem Europäischen Gerichtshof am 27. August 2012 eine Frage zur sog. Dublin-II-Verordnung vorgelegt. Dabei geht es um die Bestimmung des für das Asylverfahren zuständigen EU-Mitgliedsstaats in Fällen, in denen Asylsuchende mehrere EU- und Nicht-EU-Mitgliedstaaten durchquert haben.

Eine solche Konstellation besteht bei vielen in Österreich ankommenden Asylsuchenden, die auf dem Landweg über Griechenland, Mazedonien, Serbien und Ungarn eingereist sind. Wird in diesen Fällen die Zuständigkeit Griechenlands (als Land der ersten Einreise in die EU) angenommen, muss Österreich die Zuständigkeit für das Verfahren übernehmen, da wegen des schlechten Zustands des griechischen Asyl- und Aufnahmesystems zur Zeit keine Überstellungen nach Griechenland stattfinden.

Allerdings hatte der österreichische Asylgerichtshof in zahlreichen derartigen Fällen geurteilt, dass Überstellungen nach Ungarn zulässig seien. Begründet wurde dies damit, dass durch die zwischenzeitliche Ausreise der Antragsteller aus der EU die "Anknüpfungskette [für die Verfahrenszuständigkeit] quasi gerissen" sei. Da die erneute Einreise in die EU nach Ungarn erfolgt sei, wäre nach dieser Interpretation die Zuständigkeit für das Verfahren auf Ungarn übergegangen. 

Diese Argumentation des Asylgerichtshofs hatte vor dem österreichischen Verfassungsgerichtshof keinen Bestand. In mehreren Erkenntnissen vom 27. Juni 2012 (U330/12–U331/12; U350/12) stellte der Verfassungsgerichtshof fest, dass der Asylgerichtshof nicht befugt war, die Dublin-II-Verordnung in dieser Weise auszulegen. Der Verfassungsgerichtshof führte hierzu aus: "Da die Frage vom EuGH bisher noch nicht entschieden worden ist, wäre der Asylgerichtshof verpflichtet gewesen, sie dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen. Dabei wäre auch zu fragen, ob wegen der systemischen Mängel im griechischen Asylsystem und der dortigen Gefährdungslage für Asylwerber (...) eine andere Beurteilung des primär zuständigen Mitgliedstaates iSd Dublin-II-VO geboten ist." In Reaktion auf diese Entscheidung hat der Asylgerichtshof nun sein Ersuchen um eine Vorabentscheidung an den EuGH gerichtet.

Hintergrundinformationen zu dem Verfahren finden Sie hier: