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Großbritannien stoppt Abschiebungen nach Griechenland

Das britische Innenministerium setzt seit dem 17.9.2010 bis auf Weiteres alle Überstellungen nach der Dublin II-VO nach Griechenland aus und übernimmt für die Asylverfahren, für die Griechenland zuständig wäre, selbst die Zuständigkeit.

Hintergrund dieser Maßnahme ist eine <link fileadmin user_upload redaktion dokumente uk_court_of_appeal.pdf download herunterladen der datei>Vorlage des Court of Appeal an den Europäischen Gerichtshof.
In einem Schreiben an den britischen Flüchtlingsrat vom 20. September 2010 erläuterte der Regionaldirektor der Grenzschutzagentur, Hugh Ind, dass das Verfahren beim EuGH und die anschließende Wiederaufnahme beim Court of Appeal bis zu zwei Jahre dauern könnte. Während dieser Zeit entstünden erhebliche Kosten, wenn die Abschiebung der Betroffenen lediglich ausgesetzt würde, ohne dass über ihre Asylanträge entschieden wird. Von der Maßnahme sollen laut Ind derzeit etwa 1300 anhängige Verfahren betroffen sein.

Die betroffenen Flüchtlinge müssen demnach nicht wie in Deutschland monate- oder gar jahrelang sozusagen "in der Warteschleife" die Klärung der Frage abwarten, welcher EU-Staat für die Prüfung ihres Asylverfahrens zuständig ist.

Seit Jahren liegen Dokumentationen und Berichte vor, dass Griechenland Flüchtlingen Aufnahme- und Verfahrensbedingungen gewährt, die nicht den nach europäischem Recht erforderlichen Mindeststandards genügen.

Das deutsche Bundesverfassungsgericht und diesem folgend die ganz überwiegende deutsche Verwaltungsgerichtsbarkeit setzt daher auch Abschiebungen nach Griechenland aus Deutschland aus. Das deutsche Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ordnet dennoch weiterhin Abschiebungen nach Griechenland an; sofern Flüchtlinge hiergegen keinen gerichtlichen Eilrechtsschutz beantragen, finden daher aus Deutschland weiterhin Abschiebungen nach Griechenland statt.

Am 28.10.2010 wird das deutsche Bundesverfassungsgericht in Sachen Dublin II-VO verhandeln. Erwartet wird eine Grundsatzentscheidung u. a. zur Möglichkeit effektiven Rechtsschutzes bei drohenden Dublin-Überstellungen in andere EU-Staaten, wenn dort die europarechtlichen Mindeststandards für die Aufnahme von Flüchtlingen und die Verfahren für eine Flüchtlingsanerkennung nicht gewährleistet sind (siehe hierzu die Nachricht vom 17.9.2010 unter Nachrichten).