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EGMR verurteilt Griechenland wegen illegaler Inhaftierung eines Asylsuchenden

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat am 22.7.2010 entschieden, dass Griechenland durch die Inhaftierung eines Asylsuchenden sowie aufgrund der Bedingungen im Haftzentrum auf der Insel Samos gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen hat (A.A. gg. Griechenland, No. 12186/08)

Kläger vor dem EGMR war ein Palästinenser aus dem Libanon, der im Mai 2007 in griechischen Gewässern durch die Küstenwache aufgegriffen worden war. Er wurde anschließend drei Monate lang in einem Haftzentrum auf der Insel Samos inhaftiert, in dem seinen Angaben zufolge die meisten Insassen auf dem Boden essen und schlafen mussten. Der Zugang zu medizinischer Versorgung und zu Rechtsanwälten sei stark eingeschränkt gewesen. Die Angaben des Klägers wurden durch eine Reihe von Berichten internationaler und griechischer Organisationen bestätigt. Der EGMR kam zu dem Schluss, dass die Inhaftierung des Klägers unter diesen Bedingungen eine erniedrigende Behandlung und damit einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK darstellten.

Als weiteren Verstoß gegen die EMRK wertete der EGMR darüber hinaus, dass das griechische Recht keine effektive Möglichkeit der Haftprüfung vorgesehen habe. Der einschlägige Paragraph 76 des griechischen Gesetzes 3386/2005 hätte es einem eventuell angerufenen Gericht nicht erlaubt, die Haftgründe zu prüfen. Darüber hinaus sei für die Stellung eines Haftprüfungsantrags ein Rechtsanwalt notwendig gewesen, sodass angesichts der Haftbedingungen diese Möglichkeit nur theoretisch bestanden habe.

Den dritten Verstoß gegen die EMRK sah der EGMR in dem Umstand, dass der Kläger in Haft gehalten wurde, nachdem er einen Asylantrag gestellt hatte. Nachdem sich die griechischen Behörden zunächst geweigert hatten, den Antrag entgegenzunehmen, führte der dritte Versuch am 12.6.2007 schließlich zur Registrierung des Asylantrags. Erst am 6.8.2007 war der Kläger aber aus der Haft entlassen worden. Die Inhaftierung zwischen diesen beiden Daten erfolgte laut EGMR ohne rechtliche Grundlage und stellte somit einen Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 EMRK dar.

Link zur englischsprachigen Pressemitteilung des EGMR.

Link zum Urteil (in französischer Sprache).