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UNHCR fordert Aussetzungen von "Dublin-Überstellungen" nach Bulgarien

In einem Anfang Januar 2014 veröffentlichten Positionspapier stellt UNHCR fest, dass Asylsuchende in Bulgarien von unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung bedroht sind. Daher sollten laut UNHCR zur Zeit keine "Dublin-Überstellungen" nach Bulgarien durchgeführt werden.

In dem Positionspapier weist UNHCR insbesondere auf die folgenden Mängel im bulgarischen Aufnahme- und Asylsystem hin:

  • Für Personen, die aus anderen europäischen Staaten im Rahmen des "Dublin-Systems" nach Bulgarien abgeschoben werden, gibt es keine Garantie, dass ihr Asylantrag dort inhaltlich geprüft wird. 
  • Personen, die beim Versuch der Einreise nach Bulgarien festgenommen werden, haben keine Möglichkeit, unverzüglich einen Asylantrag zu stellen. So lange ihre Asylanträge nicht bei den zuständigen Stellen registriert werden, bleiben Asylsuchende inhaftiert und sind ständig von Abschiebung bedroht.
  • Die Zustände in den Aufnahmezentren für Asylsuchende werden im Papier als "erbärmlich" beschrieben. Der Staat stellt keine Nahrungsmittel zur Verfügung und es gibt im Allgemeinen keine Möglichkeit, sich selbst Essen zuzubereiten. Unzureichend sind laut UNHCR darüber hinaus die Versorgung mit Wasser, Heizung, sanitären Anlagen sowie der Zugang zu medizinischer Versorgung und zu kindergerechten Unterbringungsmöglichkeiten. Selbst im "geschlossenen" Aufnahmezentrum Harmanli erhalten die dort untergebrachten Personen keine Lebensmittel vom Staat, obwohl ihnen die Möglichkeit verweigert wird, außerhalb des Zentrums einzukaufen.
  • Asylanträge werden nicht in einer angemessenen Frist und mit der notwendigen Sorgfalt geprüft.
  • Die Unterstützung für Personen, die Flüchtlingsschutz oder einen anderen Schutzstatus erhalten, ist unzureichend. Anerkannte Flüchtlinge sind von Obdachlosigkeit bedroht.
  • In den letzten Monaten kam es zu mehreren gewaltsamen Übergriffen auf Asylsuchende und Flüchtlinge, die offenbar ausländerfeindlich motiviert waren. Laut UNHCR ist es nicht eindeutig erkennbar, dass die existierenden rechtlichen Möglichkeiten, gegen derartige Verbrechen vorzugehen, von den Behörden konsequent angewandt werden.

Vor diesem Hintergrund kommt UNHCR dem Schluss, dass sowohl die Aufnahmebedingungen von Asylsuchenden als auch die Asylverfahren in Bulgarien "systemische Mängel" aufweisen, durch die Asylsuchende einer tatsächlichen Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt werden. Sowohl nach der aktuellen Fassung der Dublin-Verordnung ("Dublin III") als auch nach der Rechtsprechung europäischer Gerichte müssen die Mitgliedstaaten der Dublin-Verordnung im Fall derartiger systemischer Mängel von Überstellungen in einen anderen Staat absehen. Diese Voraussetzungen sieht UNHCR zur Zeit als erfüllt an.

UNHCR schlägt vor, das bulgarische Asylsystem im April 2014 erneut zu überprüfen. Bis dahin hätten die bulgarischen Behörden und andere europäische Staaten die Möglichkeit, angemessene Aufnahmebedinungen zu schaffen und den Zugang zu einem fairen Asylverfahren sicherzustellen.

Das Positionspapier liegt zur Zeit nur in englischer Sprache vor, es ist unter dem folgenden Link abrufbar: