Im konkreten Fall hatte die Bundespolizei laut dem OVG mit der Kontrolle einer Familie gegen das Diskriminierungsverbot aus Art. 3 Abs. 3 GG verstoßen. Bei der sogenannten verdachtsunabhängigen Kontrolle sei die Auswahl der zu befragenden Personen fehlerhaft gewesen, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Hautfarbe der Betroffenen nicht zumindest ein mitentscheidendes Kriterium gewesen sei.
Damit fällte das OVG eine Grundsatzentscheidung zur Praxis des sogenannten racial profiling, welches die Kontrolle von Menschen aufgrund ihres Aussehens und ihrer (angenommenen) ethnischen Herkunft oder Staatsangehörigkeit bezeichnet. In einem gleichgelagerten Fall kam es 2012 nicht zu einer Entscheidung des OVG, da sich die Bundespolizei nach richterlichem Hinweis beim Betroffenen entschuldigte. Andere Gerichte hatten in ähnlichen Fällen die Thematik vermieden.
Der Entscheidung lag der Fall eines deutschen Ehepaars und ihrer zwei Kinder zugrunde, die während eines Tagesausflugs auf einer Bahnfahrt einer verdachtsunabhängigen Personenkontrolle durch die Bundespolizei unterzogen wurden. Abgesehen von der Familie wurden keine weiteren Reisenden in dem Zug kontrolliert. Die Betroffenen machten daraufhin gerichtlich geltend, die polizeiliche Maßnahme verstoße gegen das grundgesetzliche Gleichbehandlungsgebot. Das VG Koblenz ging in erster Instanz nicht auf die geltend gemachte Diskriminierung ein, sondern stellte darauf ab, dass die Ermächtigung in § 22 Abs. 1a BPolG auf die Verhinderung von unerlaubten Einreisen abziele, im vorliegenden Fall aber kein Grenzbezug bestanden habe und die Maßnahme daher rechtswidrig gewesen sei.
Das OVG gab dem VG im Ergebnis Recht, sah die Ermächtigungsnorm des § 22 Abs. 1a BPolG jedoch entgegen der Auffassung des VG nicht auf grenzüberfahrende Züge beschränkt. Die Norm selbst ist laut OVG verfassungsgemäß und verstößt nicht gegen europarechtliche Vorgaben. So sei etwa die in der Norm angelegte Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit mit dem Diskriminierungsverbot aus Art. 3 Abs. 3 GG vereinbar und die vorgesehenen Kontrollen verstießen nicht gegen das Verbot von Grenzkontrollen an Schengen Binnengrenzen. Allerdings entschied das OVG, dass die Bundespolizei die Norm im vorliegenden Fall in diskriminierender Weise angewendet habe. Dabei liegt laut OVG eine Diskriminierung i.S.d. Art. 3 Abs. 3 GG bereits dann vor, wenn ein dort genanntes Merkmal für die Ungleichbehandlung kausal ist. Das Merkmal der Hautfarbe muss demnach nicht ausschließlich oder ausschlaggebend für die Kontrolle von Betroffenen sein. Auch wenn die Hautfarbe nur eines unter mehreren Motiven für die Kontrolle darstellt, verstößt die Personenkontrolle laut OVG also gegen das Grundgesetz.
Den Text des Urteils und eine Anmerkung hierzu werden wir in der Ausgabe 8/2016 des Asylmagazins veröffentlichen.